Zweiklassenmedizin

08.02.2007 | Stand 03.12.2020, 7:03 Uhr

Zu " Reiseveranstalter kooperieren mit Krankenkassen" in der Ausgabe vom 19. Januar:

In dem Artikel wird geschildert, wie sich künftig schlaue AOK-Versicherte ihre Urlaubskosten teilweise von ihrer Krankenkasse erstatten lassen können. Dafür soll es auch mehrmals bis zu 75 Euro geben! Zum Vergleich: Ein Hausarzt behandelt für 55 Euro einen Kassenpatienten drei Monate lang.

Für alle Schmerzpatienten wird der Topf für ihre Tropfen, Pillen und Pflaster auch kleiner, weil ihre gewohnten Schmerzmittel jetzt nicht mehr außerhalb des Arzneimittelbudgets sind. Der Arzt ist gezwungen, bei denen, die durch Krebs, Rheuma und chronische Leiden sowieso schon bedauernswert getroffen sind, nochmals für die Kassen den Rotstift anzusetzen. Die Kranken werden es zu spüren bekommen, und es hat bereits begonnen.

Andere Patienten betteln um die Verordnung lebenswichtiger Medikamente bei verschiedenen Ärzten. Fortschrittliches Insulin wird durch "zweitbestes" rückabgewickelt. Die Lebensqualität kranker Menschen interessiert anscheinend niemand, weil man sich ja anscheinend bei den Gesunden andienen will.

So jedenfalls stellen sich Ulla Schmidt und die Abgeordneten des Deutschen Bundestags den neuen Wettbewerb unter den Krankenkassen vor. Gut so?

Mal sehen, was da noch alles unter dem Deckmantel des Wettbewerbs auf uns zukommt. Vernünftige Sachen, wie z.B. die Erstattung einer Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs für Frauen, kann man natürlich nicht mehr bringen, weil man das Geld der Versicherten schon für Schlammpackungen und Partnermassagekurse verdaddelt hat! Die Nutznießer der Kassen-Party-Angebote sollten überlegen, ob ihnen bei bekannt knappen Resourcen eine Zweiter-Klasse-Therapie im Krankheitsfall mit defizitärem Behandlungsangebot trotzdem ausreicht.

Die Politiker sollten nachdenken, ob das die "schöne neue Welt" des Wettbewerbs ist, (den sie ja bei jeder Gelegenheit beschwören), wo jeder Euro, der auf der "Partyseite" ausgegeben wird, in der "Krankenabteilung der Gesellschaft fehlt !

Elisabeth Jedamzik

Ingolstadt