Zum Heiraten war sie "zu frech"

Ingeborg Fischer feiert im Altenheim bescheiden ihren 100. Geburtstag

14.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:04 Uhr

Momente ihrer Lebensgeschichte erzählte Ingeborg Fischer an ihrem besonderen Geburtstag OB Bernhard Gmehling - Foto: F. Rieger

Neuburg (rgf) Mit so viel Besuch hatte Ingeborg Fischer gar nicht gerechnet. „Das ist schön, dass Sie Ihre Freizeit opfern, um alte Weiber zu besuchen“, sagte sie am Freitag – ihr 100. Geburtstag – zu Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Ihren Humor hat sich die Rentnerin bis heute bewahrt, da sind sich die Gratulanten einig.

Ein weiteres Beispiel: Auf die Frage, ob sie denn verheiratet gewesen sei, antwortet Ingeborg Fischer trocken: „Nein, dazu war ich zu frech.“ Langweilig wurde es ihr trotzdem nie: Einen großen Stamm an Freunden hatte sie sich aufgebaut, den Kontakt ließ die Rentnerin nie abreißen. Und das, obwohl sie weit herumgekommen ist in der Welt.

Geboren wurde sie im Jahre 1914 in Schlesien. Früh lernte sie die Schrecken des Krieges kennen. Der Vater musste im Ersten Weltkrieg an die Front. Als er zurückkam, war er für das junge Mädchen zuerst ein fremder Mann. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Familie dann die Heimat.

Für Ingeborg Fischer war dieser Einschnitt besonders tragisch: Die gelernte Goldschmiedin stand wenige Monate vor der Meisterprüfung. Der Traum zerplatzte. Die junge Frau verschlug es nach Bielefeld. Dort blieb sie aber nicht lange, es ging weiter nach Hamburg. „Einen leichten norddeutschen Akzent merkt man noch heute“, stellte OB Gmehling am Freitag fest. Zehn Jahre lebte Fischer in der Hansestadt. „Eine Freundin ging dann nach Neuburg“, erzählte die Jubilarin. Kurze Zeit später folgte Fischer.

Ihr Geld verdiente sie fortan im Stahlstichprägewerk Weigert. In der Freizeit hatte es ihr ein Hobby besonders angetan: das Lesen. Außerdem war sie lange Jahre ein aktives Mitglied in der Neuburger Gemeinde der Apostelkirche. „Sie hat sich immer für die Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt“, erzählte Pfarrerin Anne Stempel-de Fallois. Selbst ohne Kinder und Enkel, lud Fischer die Neuburger Sprösslinge zu sich ein und hatte immer ein offenes Ohr für deren Sorgen und Wünsche.

Bis zum Herbst des vergangenen Jahres lebte die Jubilarin alleine in ihrer Wohnung. Seit September wohnt sie im AWO-Seniorenheim. Die Augen machen ihr inzwischen zu schaffen, mit dem Lesen will es nicht mehr so klappen – und auch mit dem Hören hat die Rentnerin inzwischen Probleme. Für gute Gespräche ist sie aber nach wie vor zu haben. Und über den ein oder anderen humorvollen Spruch dürfen sich die Gesprächspartner nicht wundern.