Zu ?Kein Platz für geistig behinderte Menschen?
Zu wenig Wohnheimplätze

Zu "Kein Platz für geistig behinderte Menschen" (DK vom 20. September) und den Mangel an Wohnheimplätzen:

08.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:30 Uhr

Zu "Kein Platz für geistig behinderte Menschen" (DK vom 20. September) und den Mangel an Wohnheimplätzen:

Erst einmal ein großes Dankeschön an den Elternbeirat des Caritaszentrums St. Vinzenz für sein Engagement. Uns beschäftigt das Thema auch seit geraumter Zeit. Wo gibt es einen Platz für unsere Tochter (23 Jahre, geistig/körperlich behindert), wenn wir sie aus gesundheitlichen Gründen (sei es kurzfristig oder auf längere Sicht) nicht mehr versorgen können? Sie besucht seit drei Jahren die Förderstätte im Hollerhaus. Es war für uns sehr beruhigend zu wissen, dass auch ein Wohnheim integriert ist. Sollte eine häusliche Versorgung nicht mehr möglich sein, wäre unsere Tochter in ihrer gewohnten Umgebung.

Auf einer Versammlung vor ein paar Wochen wurde den Angehörigen mitgeteilt, dass man mindestens fünf Jahre auf einen Platz warten müsse. Hinzu käme, dass der letzte verfügbare Platz für Kurzzeitpflege voraussichtlich ab Januar 2019 nicht mehr zur Verfügung stehen könnte. Die in Münchsmünster geplante Einrichtung hat bereits doppelt so viele Interessenten auf der Warteliste als Wohnheimplätze zur Verfügung stehen.

Kurzzeitpflegeplätze und Wohnheimplätze sind unserer Meinung nach ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft und sollten ausreichend zur Verfügung stehen. Denn die Frage, die sich uns Angehörigen immer wieder stellt: Wo ist unser Kind im Notfall beziehungsweise in seinem späteren Leben gut versorgt?

Birgit Nerb, Gaimersheim

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Zu Recht weist der DK darauf hin, dass es insgesamt in der gesamten Region nicht ausreichend Wohnheimplätze für diese Zielgruppe gibt. Das Hollerhaus Ingolstadt hat schon vor Jahren auf diese Situation reagiert und den Neubau eines Wohnheimes und einer Förderstätte in Münchsmünster beschlossen. Ende 2019 werden dort 24 Wohnheimplätze und 49 Förderstättenplätze für körper- und mehrfachbehinderte Menschen zur Verfügung stehen.

Im Artikel wird die Aussage einer Mutter wiedergegeben, dass "ein Wohnheim eine Bereicherung für die Gesellschaft und das Zusammenleben" ist. Eben diese Chance hat auch die Gemeinde Münchsmünster für sich gesehen und ermöglichte nicht nur den Erwerb eines Baugrundstückes sondern beteiligt sich aktiv an der Ausgestaltung des Projektes. Das Hollerhaus freut sich sehr über diese Zusammenarbeit und hofft, dass dieses Beispiel wegweisend für weitere Projekte in anderen Gemeinden ist.

Mit seinem Projekt "Inklusives Wohnen" an der Gaimersheimer Straße hat auch hier der Verein für körper- und mehrfachbehinderte Menschen ein Angebot geschaffen, das Vorbildcharakter für die gesamte Region hat. Es ermöglicht Menschen mit und ohne Behinderung ein selbstbestimmtes und gemeinsames Wohnen und Leben. Dieses Projekt wurde von der bayrischen Landesregierung gefördert. Eine weitere Herausforderung bei der Realisierung solcher Projekte stellt allerdings die Gewinnung von fachlich qualifiziertem Personal dar. Hier konkurriert das Hollerhaus mit vielen sozialen Einrichtungen der Region.

Es ist sehr zu begrüßen, dass das Engagement von Betroffenen und ihren Angehörigen den Blick auf bestehende Defizite lenkt. Elternbeiräte leisten hier eine wichtige Arbeit. Der Politik und den Organisationen der Behindertenhilfe bleibt bei der Bereitstellung von inklusiven Wohnangeboten noch viel zu tun. Wir machen uns auch weiterhin stark für ein vielfältiges Angebot zu unterschiedlichen Lebens- und Wohnformen für alle Menschen.

Roman Schiele,

Geschäftsführer Verein

für körper- und mehrfachbe-

hinderte Menschen Ingolstadt