Kösching (DK) Kleine Fakire, Akrobaten und Taubendompteure trainieren seit Tagen in einem knallroten Zelt, das auf dem Schulsportplatz in Kösching steht: In der Projektwoche vor den Sommerferien dürfen die Erst- bis Fünftklässler der Rudolf-Winterstein-Schulen echte Zirkusluft schnuppern.
Mit langen Säbeln bewaffnet läuft die Piratengruppe in das Zirkuszelt ein. „Hey, hey, hey“, ruft sie im Klatsch-Rhythmus ihres Trainers Lorenzo Rosner. „Die Lautstärke müssen wir vielleicht noch ein bisschen üben“, gibt Emely Rank zu. Der Rest der Darbietung, die die Drittklässlerin mit ihren Mitschülern in den vergangenen Tagen einstudiert hat, klappt aber schon ganz gut: Nachdem einer der Buben in ein großes Fass geklettert ist, stecken die Piraten ihre Säbel nach und nach durch das Holz. Auf einen Schmerzensschrei warten die Zuschauer – zum Glück – vergeblich, am Ende schwenkt der Bub nur eine weiße Fahne über dem Fass. Es bleibt, wie das bei Zauberkünstlern nun einmal so ist, sein Geheimnis, wie er die vielen Säbelstiche unverletzt überstanden hat.
Die Piraten bilden nur eine von zehn Gruppen, die in dieser Woche unter den Fittichen von Zirkusdirektor Marco Sperlich und neun Trainern stehen. Zum ersten Mal nämlich gastiert der „1.Ostdeutsche Projektcircus“ in der Region. Dieser entstammt einer traditionsreichen Zirkusfamilie aus den neuen Bundesländern und tingelt mit mehreren Zelten durch das ganze Land. Das Ziel: „Wir wollen Kindern Werte mitgeben“, sagt Marco Sperlich. Sozialverhalten, Disziplin, Verantwortungsgefühl und Selbstvertrauen sollen Schüler im Projektzirkus lernen.
Seit Samstag stehen die Wohnwagen der professionellen Artisten auf dem Sportplatz, am Sonntag haben viele Eltern geholfen, das rote Zelt aufzubauen. Beate Munk, Grundschullehrerin und Initiatorin der Projektwoche in Kösching, zeigt sich von der „straffen Organisation“ und den „pädagogisch wertvollen Übungen“ überzeugt. „Die Kinder machen begeistert mit“, erzählt sie von den ersten Erfahrungen ihrer Schützlinge in der aufregenden Zirkuswelt.
Da gibt es zum Beispiel die Taubenrevue, bei der einige Mädchen die weißen Vögel auf dem Finger von einer Sitzstange zur nächsten tragen. Nebenan üben die Fakire mit einer brennenden Fackel. „Dass ich das mit dem Feuer hier erleben kann, ist echt cool“, sagt David Wildmann. Auch Merle Gregor gefällt die Zirkuswoche gut, „weil da immer viel zu tun ist“, sagt sie, als David die Flamme scheinbar an seine Handfläche hält, ohne die geringste Hitze zu spüren.
Währenddessen hängen zwei Schülerinnen an einem Trapez, klammern sich auf das Signal von Marco Sperlich mit ihren Beinen an den Seilen fest und lassen sich kopfüber baumeln. Als sie dann auch noch über die Manege schwingen und das ganze Zelt applaudiert, freut das Beate Munk ganz besonders. „Sie ist eigentlich schüchtern, und jetzt macht sie so was“, sagt die Lehrerin und zeigt erstaunt auf eine der Nachwuchsakrobatinnen.
Mit Kostümen und Accessoires steht heute noch die Generalprobe für die Kinder an. Die meisten sind wegen der Premiere am Nachmittag schon ein bisschen aufgeregt. „Aber nicht zu sehr“, wie Sarah Jelinek versichert. „Ich bin auch in der Garde, da kenn ich das, wenn man auf der Bühne steht.“ Und da soll schließlich alles glattgehen, denn im Publikum werden natürlich viele Familienangehörige sitzen. Sarah bringt „Oma und Opa und Mama und Papa und meinen Bruder“ mit. Die werden staunen, wenn die Neunjährige in der Manege mit dem Säbel rasselt.
Die vier Zirkusvorstellungen der Kinder finden heute und morgen jeweils von 15 bis 17 Uhr sowie von 18 bis 20 Uhr im Zelt auf dem Schulsportplatz statt. Eintrittskarten sind eine halbe Stunde vorher an der Kasse zu erhalten.
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