Ingolstadt
Zeitreise durch die amerikanische Geschichte

Heiner Kondschaks Abend über Bob Dylan: "The Times They Are a-Changin’"

14.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:43 Uhr

Regisseur Heiner Kondschak ist besonders beeindruckt von Bob Dylans Biografie - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Elvis gab der Rockmusik den Sex. Chuck Berry gab ihr den Sound. Bob Dylan aber gab ihr die Sprache – und es war: eine Revolution. „Passt auf“, sagten seine Songs, „nicht ist mehr so wie früher.“ „The Times They Are a-Changin’“ hieß Dylans drittes Album, erschienen 1964. Der gleichnamige Titelsong, „The Ballad Of Hollis Brown“ und all die anderen Songs waren damals von unerhörter Großartigkeit. Sie sind es noch heute. Doch wie die Zeiten wandelte sich auch Dylan. Heiner Kondschak hat einen Abend über Bob Dylan gemacht. Unsere Redakteurin Anja Witzke sprach mit ihm darüber.

Sie waren gerade mal neun Jahre alt, als Bob Dylans Album „The Times They Are a-Changin’“ herauskam. Welche Musik haben Sie denn in diesem Alter gehört?

Heiner Kondschak: Damals war ich stark von meiner großen Schwester beeinflusst. Ich fürchte, ich hatte ein Faible für deutsche Schlager. Und von meiner Tante färbte die Vorliebe für italienische Musik und Harry Belafonte ab. Etwa 1967 schlug es dann um, ab da fand ich Rockmusik interessanter.

Der erste Plattenkauf Ihres Lebens war . . . ?

Kondschak: Die erste Single war „Friday On My Mind“ von den EasyBeats. Da war ich 13. Meine erste LP war dann, ein Jahr später, „Led Zeppelin II“.

Und wann hörten Sie Bob Dylan?

Kondschak: Das kam bald danach. Wenn man in den 70ern ein Teenager ist, kommt man an Bob Dylan gar nicht vorbei. Ich war allerdings nie ein Fan. Ich mochte Dylans Lieder, aber nicht seine Stimme.

Was machen eigentlich Shakespeare, Chruschtschow, Marilyn Monroe und Bill Clinton in einem Dylan-Abend?

Kondschak: Es gibt drei Schwerpunkte. Da sind zum einen biografische Szenen, Berichte und Interviews über Dylan. Der zweite Teil umfasst 20 seiner Lieder. Und den dritten Teil muss man sich als eine Art Zeitreise durch die amerikanische Geschichte vorstellen. Das Stück beginnt 1960, als Bob Dylan mit 19 Jahren nach New York kommt. Wir sehen die Kuba-Krise, Kennedy wird erschossen, der LSD-Guru Timothy Leary kommt in Haft, Marilyn Monroe, Janis Joplin und Jimi Hendrix sterben, die Mondlandung hält die Welt in Atem. All das findet sich natürlich nur in kurzen Andeutungen. Mit Shakespeare hat es etwas anderes auf sich: Er ist eines der ganz großen Vorbilder Dylans.

Sie haben aus knapp 500 Songs die „besten“ 20 ausgewählt. Gibt es einen Lieblingssong?

Kondschak: „The Times They Are a-Changin’“ ist schon ein Meisterwerk.

Ist das Stück deswegen titelgebend?

Kondschak: Zum Teil. Es passt einfach gut. Die Zeiten haben sich geändert. Und sie haben sich auch durch Bob Dylan verändert. Wolfgang Niedecken von BAP hat mal gesagt: „Dylan hat die Rockmusik vor der Verblödung bewahrt.“ Das ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber Dylan war der erste, der angefangen hat, Texte zu schreiben, die über ein „She loves you – yeah, yeah, yeah“ oder „I can’t get no satisfaction“ hinausgingen. Und alle haben es nachgemacht. Er war Trendsetter in vielen Bereichen. Ich war sehr beeindruckt von seiner Biografie. Dieses Immer-anti-Mainstream-Sein und Sich-nicht-vereinnahmen-Lassen: Das ist schon ein sehr, sehr spannendes Leben.