Zahnloser Dirty Harry

14.09.2011 | Stand 03.12.2020, 2:24 Uhr

Köln (DK) Am vergangenen Sonntag Günther Jauch, jetzt Harald Schmidt, im kommenden Jahr Thomas Gottschalk: Mit dem König der Late Night-Comedy feierte in kurzer Zeit bereits der zweite Titan im deutschen TV-Geschäft einen vielbeachteten Neustart auf einem anderen Sender.

Doch nur selten konnte „Dirty Harry“ an alte Sat.1-Form anknüpfen.

Harald Schmidt ist zurück bei Sat.1 – dem Sender, bei dem er zum König der Late Night-Show wurde. Einmal blitzt er auf, der brillante Harald Schmidt. Man müsse sich als Journalist freuen, wenn man von einem Politiker eine derartige Aussage erhalte, sagte er bissig – in Anspielung auf das Lob von Ex-Verteidigungsminister Peter Struck für den steifen Günther Jauch in dessen Debütsendung. Als Nachfolger von Anne Will beim Sonntagstalk nach dem ARD-Tatort war das Medienecho verhalten ausgefallen.

Doch ob Schmidt für seine Debütsendung bessere Kritiken erhält, ist fraglich. Mit Spannung wurde seine Rückkehr zu dem Sender erwartet, bei dem er seinen Ruf als einzig fähiger Late Night-Talker der Republik erworben hatte. Mit Tabubrüchen, kühnen Sprüchen und kleinen Skandalen zementierte „Dirty Harry“ seinen Status. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, zu dem der Entertainer 2002 gewechselt war, wirkte Schmidt zunächst seltsam deplatziert, dann zunehmend lustlos.

Und jetzt, zurück bei seinem Haussender Sat.1? Die Show dümpelt vor sich hin. Griechenland und Guttenberg – alles irgendwie schon mal gehört. Sidekick Helmut Zerlett mit seiner Band, das Backsteinstudio in Köln, die Kulisse der Domstadt – alles wie gehabt. Die Frische, die Pfiffigkeit, der böse Humor: Bricht leider zu selten durch. Nicht im Ansatz beweist Schmidt die Schlagfertigkeit, die ihn beispielsweise in Interviews auszeichnet. Immerhin nimmt sich der Entertainer selbst auf die Schippe: „Wir sind der Sender mit der größten Insolvenz-Kompetenz“ – eine Fähigkeit, die ihn stets ausgezeichnet hatte.

„Freuen Sie sich auf den ersten guten Scherz in dieser Sendung“, scherzt Überraschungsgast Olli Dittrich nach der ersten Werbung. Leider ist das ein Scherz. Denn es folgt keiner. Schmidt und Dittrich spielen sich ein paar verstaubte Erinnerungen und Kalauer zu, gefolgt von einem Herrenwitz. Der Gast Hape Kerkeling dagegen plaudert gut gelaunt und charmant über seine Erfahrungen mit dem Traumschiff, in Brasilien und in China.

Gelungen selbstironisch spielen die beiden mit den anhaltenden Spekulationen, Kerkeling sei heißer Favorit auf die Gottschalk-Nachfolge bei „Wetten dass..“ Gähnende Langeweile herrscht hingegen, wenn Schmidt alleine zum Publikum spricht. Den größten Lacher erntet er bezeichnenderweise mit seiner Abmoderation: „Viel Spaß bei der nachfolgenden Sendung ‚Drunter und drüber – Stellungswechsel im Pornoland.’“

Was für Jauch gilt, gilt auch für Schmidt: Da geht noch mehr. Mit 70 Sendungen im Jahr hat er ja genügend Gelegenheit zur Steigerung.