Zum
Wunschdenken ist problematisch

14.12.2011 | Stand 03.12.2020, 2:03 Uhr

Zum Artikel „Ein Antidepressivum namens Theo Waigel“ (DK vom 17. November):
Ich gebe zu, der Autor des Beitrags hatte es nicht leicht, aus der Rede Waigels brauchbare Aussagen herauszufiltern. Immer wieder nachgeplapperte Gemeinplätze findet man auch bei ihm.

Unberücksichtigt bleibt, dass die Ausschaltung des Denkapparates bei den Managern der angeblich systemrelevanten Großbanken der Industrienationen die globale Krise erst ermöglicht hat. Die sklavische Orientierung am Shareholder-Value ist nicht nur ökonomisch zu kurzfristig gedacht, sondern auch Ausdruck eines falschen Menschenbildes.

Waigel ließ viele wichtige Aspekte unter den Tisch fallen, etwa dass man sich in der gesamten EU nicht an die Maastricht-Kriterien hielt. Deutlich wird auch nicht, dass die wahre Krisenursache die vor allem von den USA ausgehende Bankenkrise war und sich in zwei weitere Krisen verzweigte: eine Vertrauenskrise der Bankkunden und eine bis heute anhaltende Misstrauenskrise der Großbanken untereinander.

In vielen Punkten hat sich Waigel erstaunlich kritisch geäußert, ohne jedoch eine Lösung anzubieten: „Leerkäufe würde ich verbieten“. Warum hat er sich nicht schon als Finanzminister dafür stark gemacht? Man habe versäumt, „nach der Währungsunion eine globale Ordnung einzuführen“. Warum eigentlich eine solche globale Ordnung nicht schon vor der Euroeinführung?

Zur Rolle der Griechen: Man hätte diese „nie in die Eurozone aufnehmen dürfen“. Richtig. Doch das klingt so, als ob Waigel damals nicht Finanzminister gewesen wäre. Sein Parteifreund Gauweiler und renommierte Fachleute (W. Hankel etc.) hatten vor der Art und Weise der Euroeinführung und der Aufnahme bestimmter Länder gewarnt, werden aber hierzulande nach wie vor weitgehend totgeschwiegen.

Der Autor kommt schließlich zu der Erkenntnis, dass Waigel bei seiner Rede in Ingolstadt die Überzeugung vermittelte, „dass der Euro und die EU eine Zukunft haben“. Wieso aber „der alte Fahrensmann“ der CSU bei seiner abendlichen Rede wie ein Antidepressivum wirkte und warum wir mehr solche Antidepressiva bräuchten, ist wohl den Zuhörern nicht wirklich klar geworden. Optimismus ist auch in Deutschland, wie die Entwicklungsprognosen für die kommenden Jahre lauten, nur in schwacher Dosierung angebracht. Wunschdenken ist auch in der Wirtschaftspolitik problematisch. Leichter tut sich auch hierzulande derjenige, der Humor hat und, wie man so schön sagt, „trotzdem lacht“.

Wilhelm Kaltenstadler

Rohrbach