"My Name Is Bob" - der eine oder andere Schrobenhausener Musikaficionado hat da sicherlich gleich eine Melodie im Kopf, schließlich war das mal der Refrain eines Songs namens "Bob Track" vom ersten - und leider immer noch einzigen - Album der Rockband Joe Leila. Der Sänger dieser Band heißt Robert Haßfurter, und der hat nun ein Soloalbum herausgebracht. Und: Sein Name ist Bob.
Seit Jahrzehnten ist Bob Haßfurter ein großer Name in der Schrobenhausener Rockmusikszene. Einst spielte er mit Cat O' Nine Tails im Vorprogramm von Green Day oder stand bei den Subsonic Bi Pets mit dem heutigen Sportfreund Flo Weber auf der Bühne. Jetzt ist er in seinen Fünfzigern angelangt. Höchste Zeit für ein Soloalbum. Und auch wenn der Anlass gar nicht so erfreulich ist - das Ergebnis ist es auf jeden Fall. Denn Songs schreiben, das kann er, der Haßfurter Robert, der sich für dieses Projekt den Namen "My Name Is Bob" ausgesucht hat.
"Diese Platte ist meine Psychotherapie", erzählt der 52-Jährige. Liebeskummer, Trennungsschmerz, Depression - all das hat er in den 14 Songs auf dem Album (und sogar noch ein paar mehr, die er zur Verfügung gehabt hätte, die es aber nicht auf die Platte geschafft haben) verarbeitet. Wenn es einem Musiker schlecht geht, schreibt er sich das mit einem Song vom Herzen - bei Haßfurter, der, wie er erzählt, täglich auf seiner Gitarre spielt, ist das nicht anders. Das Ganze sei auch eine Bestandsaufnahme seines Lebens, eine sehr persönliche Sache also. "Ich erwarte mir", sagt Haßfurter, "auch nicht viel von meiner Platte. Das ist eine Platte für mich. Und für meine Kinder."
Seine Kinder sind dann auch gleich zu Anfang zu hören. Eric (11) und Amelie (9) singen "My Name Is Bob" - eben jenen Refrain von Joe Leilas "Bob Track". Und auch am Artwork sind beide beteiligt. Von Eric stammt das Covermotiv, das man durchaus für ein übersehenes abstraktes Meisterwerk halten könnte, aber vom damals Vierjährigen gemalt wurde. "Es soll mich beim Rocken darstellen", erklärt Robert Haßfurter. Amelie hat das Gemälde beigesteuert, das die runden Labels auf der CD und den Vinylplatten ziert. Unter dem Motto "Was mich glücklich macht" habe sie eine Radltour mit ihm gemalt und damit sogar bei einem Wettbewerb einen Preis gewonnen, erzählt der stolze Papa. Und um das Generationenwerk vollständig zu machen, stammen die Fotos auf der Innenseite des Klappcovers vom in Schrobenhausen nicht ganz unbekannten Fotografen Rainer Haßfurter, Roberts 73-jährigem Vater.
Für die Aufnahme seiner Songs brauchte Bob Haßfurter allerdings externe Hilfe. Die bekam er im 1st Take Studio von Carsten Enghardt in Gachenbach. Enghardt spielte auch professionell das Schlagzeug für die Songs ein. "Ich bin echt stolz, dass er darauf getrommelt hat", sagt Haßfurter, der mächtig beeindruckt von Enghardts Fähigkeiten an den Drums ist. Fast alles habe er im ersten Take eingetrommelt. Nun, so ein Studioname verpflichtet eben.
Ansonsten ist "Blacksonic", so der Name ("Schwarzschall - das fängt schon die Stimmung auf der Platte ein", meint der Schöpfer), ganz und gar Bobs Album. Ein absolut wunderbares Liedermacheralbum eines mit Punk, Hardcore und Alternative Rock sozialisierten Musikers. Mit sehr persönlichen Texten. Die sind zwar in englisch, kommen aber direkt aus dem Herzen, aus der Seele. "Ich schreibe", verrät Haßfurter, "meine Songs immer auf englisch - nicht auf deutsch und dann übersetzen". Das sei also ein ganz natürlicher Prozess, bei der Musik denkt er schon gleich englisch. Aber hätte sich in diesem Fall nicht doch mal die Muttersprache angeboten? "Ich hab das schon einmal probiert - aber ich kann nicht deutsch singen." Außerdem: Seine Muttersprache sei doch wohl bayerisch, nicht deutsch.
In den Songs blickt Bob Haßfurter, wie gesagt, tief in seine Seele, aber auch kritisch auf den Zustand der Welt. "Shooter" war die erste Nummer, die er für das Album schrieb - nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo im Januar 2015. Ein Ereignis, das Haßfurter - wie so vielen Menschen, gerade Künstlern - sehr nahe ging. 2018 begann er mit den Aufnahmen für "Blacksonic" und am 13. März 2020, ganz kurz vor dem ersten Corona-Lockdown, sang er den letzten Song ein: "Meat", in dessen Text es zum Beispiel heißt: "We got no future today" - "Wir haben heute keine Zukunft". Was geradezu prophetisch zum Aufnahmetag passte und den Kreis zurück zu "Shooter" wunderbar schloss.
Innerhalb dieses Kreises finden sich aber nicht nur grundsätzlich traurige Nummern, sondern zum Beispiel mit "Queen Street West" ein Song, aus dem unter anderen Umständen auch eine hervorragende Stadionballade hätte werden können, eine frühlingshafte Mitpfeifhymne namens "On My Way", ein an Bob Marley adressierter Reggae, dem Haßfurter den Namen seines Projekts, also "My Name Is Bob", verpasst hat, oder mit "Looking Around" und "Man In A Box" zwei Songs, denen eine Frauenstimme eine soulige Note verleiht.
Wer die Dame ist, die den Bob da unterstützt? "Ein Mädel aus Nashville, Tennessee", erzählt der. Nicole Carino heißt sie, aber er kenne sie nicht persönlich. Den Kontakt hat er über ein Portal für Gastmusiker hergestellt, sie sang ihre Spuren daheim im eigenen Studio ein, schickte ihm die Dateien dann per Mail - so läuft das heutzutage. Haßfurter ist jedenfalls "richtig happy mit der Stimme" und schwärmt über seine Sängerin: "Ich glaube, die hat sogar einen Grammy daheim stehen." Aber nächstes Mal könne ja vielleicht auch seine Tochter Amelie singen, meint er. Wobei Haßfurter übrigens schon das nächste Album im Kopf hat - das werde dann aber eine "fette Rockplatte".
Seit 26. Februar gibt es nun erst einmal "Blacksonic" zu kaufen - auch als Vinyl übrigens. Doppel-LP mit Gatefold-Cover. Ein anfassbares Stück Musik für echte Liebhaber. Für Liebhaber, wie auch Bob Haßfurter einer ist: "Vinyl war mir das Allerwichtigste", sagt er über sein eigenes Album, "ich wollte anfangs gar keine CD machen." Nun kann er seine Platte in die Hand nehmen und ist erst mal fast wunschlos glücklich damit. Fast nur? Ja, denn eines fehlt doch noch: "Ich möchte die Songs mal live spielen", mit Basti Soier und Franz Raßhofer und... "Ich wünsch' mir einen Haufen Freunde, die dann mitspielen", sagt der Mann, den sie nur Bob nennen, mit glänzenden Augen: "Live spielen - dafür macht man ja Musik!"
SZ
Bernd Hofmann
Artikel kommentieren