München
Wo die Schoschonen wohnen

Bully Herbigs "Schuh des Manitu" kommt als Musical nach München

19.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:39 Uhr
Sabine Busch-Frank
Erst im Oktober 2020 kommt "Der Schuh des Manitu" als Musical ins Deutsche Theater. Gestern machten Oliver Banasch, Carmen Bayer, Michael Bully Herbig, Werner Steer und Carl Philip von Maldeghem (von links) schon kräftig Werbung dafür. −Foto: Deutsches Theater

München (DK) Eigentlich hat er hier gar nicht so viel beizutragen.

Er ist zwar der geistige Vater, aber das Musical über den "Schuh des Manitu", dessen Premiere das Deutsche Theater gestern ankündigte, wird Michael Bully Herbig weder inszenieren noch darin mitspielen. Und doch drängt sich alles um ihn, den urbayerischen Film-Allrounder, der letztes Jahr mit "Ballon" überraschend vom Komödienfach ins Thrillergenre wechselte. Heute und hier fragen ihn alle nach seiner 2001 alle Kinokassen sprengenden Westernparodie, die legendäre 12 Millionen Kinobesucher hatte.

Dieser Blockbuster aus dem Wilden Süden traf den Nerv einer Babyboomer-Generation, die mal in Nickipullovern und mit Erdnussflips auf dem Sofa saß und Uschi Glas in Pierre Brieces Armen schmachten sah. Aber auch Fans von Comedy und Musikkabarett, Dialektfreunde, alle mit Spaß am Wortverdrehen und Unsinnweiterdenken konnten sich hier begeistern und trafen im Kinosaal auf die Cineasten, welche Literaturverfilmungen aus Frankreich und Massenware aus den USA gründlich satt hatten.

"Der Film hatte kein spezielles Publikum", sagt Herbig dazu rückblickend, "es war irgendwie ein Frauenfilm und einer für Cowboyfans, aber auch für Familien? alles zusammen. " Nachdem die Handlung der Westerngaudi bewusst holprig gezimmert war und Musik eine so große Rolle spielte, lag die Metamorphose des Films zum Musical nahe. In Berlin, wo der Marktführer Stage die Rechte gesichert hatte, war das Theater des Westens zwei Jahre lang der Ort, wo die Schoschonen wohnten. So richtig warm wurden die Preußen aber nicht mit ihrem Südimport. Der Münchner Theater-Geschäftsführer Werner Steer erzählt, wie er damals Tränen lachend im Publikum saß - und um ihn herum Stille herrschte. Herbig sagt dazu: "Ich bin ja nicht der Humorprofessor, ich weiß auch nicht, wo die geografische Grenze des Lachens verläuft. Aber wahrscheinlich lacht man in Hamburg über Hafenwitze und hier eben nicht, weil es hier keinen Hafen gibt. Wir haben den ,Schuh des Manitu' ja natürlich nicht gerade nur für München gemacht, aber natürlich ausgelotet, worüber wir selbst lachen mussten, und das blieb dann drin. "

Manche Herbig-Filmdialoge kommen einem heute, wo man Minderheiten, Außenseiter und Randgruppen keinesfalls schlechter behandeln möchte als andere Menschen, schon ziemlich gewagt vor. Aber auf die Frage, ob Witze über Schwule, wie sie Abahachi, Ranger und Winnetouch so locker über die Lippen gehen, heute noch gemacht werden dürfen, gibt sich Herbig ratlos: "Genau diese Diskussionen hatte ich vor 18 Jahren auch schon. Aber Humor ist immer individuell, bei manchen sitzt die Gürtellinie unterm Hals und bei anderen am Knie. Mein Ziel ist, auch die Leute, die wir auf den Arm nehmen, dazu zu bringen, dass sie mitlachen. Und es kamen auch schon Rollstuhlfahrer zu uns und haben gebeten, dass wir mehr Witze über Behinderte machen. "

Das Musical wird für die Premiere am 14. Oktober 2020 im Deutschen Theater (Vorverkauf ab nächster Woche) neu überarbeitet. In Kooperation mit dem Salzburger Landestheater wird demnächst die Besetzung gecastet. Das Kreativteam kniffelt bereits an Aktualisierungen, Änderungen und neuen Ideen. Denn schließlich würde bei grundlosem Anschleichen, stundenlangem Spurenlesen, und völlig sinnlosem Nebeneinanderherreiten auch noch der intimste Blutbruder irgendwann mit der Gesamtsituation unzufrieden sein.

Sabine Busch-Frank