Wolnzach
"Wir wollen hinschauen"

Kunst, Gedichte, Hilfsprojekte: Schüler am Hallertau-Gymnasium befassen sich mit dem Thema Flucht

28.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:23 Uhr

Foto: Katrin Rebl

Wolnzach (WZ) Flucht, Asyl und Migration sind Teil unseres Lebens geworden – wie sehr, das zeigt sich aktuell am Hallertau-Gymnasium Wolnzach (HGW). Dort machen Schüler und Lehrer mit Installationen, Gedichten, Plakaten, Ausstellungen und Projekten das Thema sichtbar, hörbar – und somit begreifbar.

Schon im Foyer der Schule empfängt den Besucher ein eindrucksvolles Bild: Viele kleine Tonfiguren bilden einen Strom, menschliche Figuren, liegend, stehend, kniend, mit Rucksäcken bepackt, gebückt unter schweren Lasten, kleine Kinder in den Armen – alle auf dem Weg. An dessen Anfang liegen bewaffnete Kämpfer am Boden, sie symbolisieren Krieg und Chaos in den Herkunftsländern. Am anderen Ende des Stroms das Ziel: das Leben im Alltag hier. Die Installation ist ein Gemeinschaftswerk von Gymnasiasten der elften Jahrgangsstufe und ihren Kunstlehrern Nicole Köber und Christian Kuttler. Eingerahmt wird sie von Stellwänden mit Fotos und Fakten zum Thema Flucht, zusammengestellt ebenfalls von Schülern der Q 11 im Sozialkundeunterricht von Gerhard Loh. Daneben ein Plakatprojekt von zwei zehnten Klassen und ihrer Lehrerin Melanie Kahlke: Rund 50 Plakate haben die Jugendlichen entworfen – sichtbare Zeichen einer „Willkommenskultur“ sollen sie sein und vielleicht sogar einmal einen Platz in der Öffentlichkeit finden. Das hofft jedenfalls Kunstlehrerin Melanie Kahlke. Sie selbst hat gute Erfahrungen gemacht, wenn sie das durchaus brisante Thema Asyl im Unterricht thematisiert. „Die Schüler wollen sich dazu positionieren“, meint sie. „Sie setzen sich damit auseinander und wollen das auch zeigen“, verweist sie auf die Kunstwerke, die entstanden sind. Sie bieten in ihren Augen Bühne und Freiraum, um solche Themen zu verarbeiten.

„Es kommt sehr viel von den Schülern selbst“, berichtet sie, aufgesetzt sei da nach ihrem Empfinden nichts. „Wir wollen einfach hinschauen.“ Nicht nur im Kunstunterricht oder in Geografie, Geschichte, Sozialkunde und Ethik findet das Thema Niederschlag. Flucht, Asyl und Migration ist heuer aus aktuellem Anlass ganz bewusst schon zu Beginn des Schuljahres am HGW zu einem Jahresthema erklärt worden. „Es wird eigentlich in allen Fächern und allen Jahrgangsstufen aufgegriffen“, so Gerhard Loh, Mitarbeiter im Direktorat. „Schließlich leben wir auch in Wolnzach damit.“ Deshalb hat man ganz bewusst auch mit hier wohnenden Asylbewerbern Kontakte geknüpft, was über den Helferkreis möglich war. So hat in der achten Klasse ein junger Mann aus Gambia über sein Leben erzählt. „Das hat bei den Schülern schon Eindruck gemacht“, berichtet Geografielehrer Micha Lohr. Einbinden lasse sich die Thematik eigentlich immer. So stehen Regionen wie die, aus denen die Wolnzacher Flüchtlinge kommen, bei ihm sowieso auf dem Lehrplan. Auf diese Weise haben die Schüler Referate und Plakate über die verschiedenen Länder erarbeitet – und dabei viele Gründe gefunden, warum die Menschen von dort fliehen.

Entstanden ist so eine kleine Ausstellung in der Bibliothek der Schule. Sie zeigt auch, was die Ethikgruppe der achten Klassen mit Isabell Meister sehr ansprechend zu Papier gebracht hat: die Übersetzung und Visualisierung des Gedichtes „Home“ von Warsan Shire, einer in England bekannten Schriftstellerin mit somalischen Wurzeln. Daneben steht in der Bibliothek ein Büchertisch mit Literatur über Flucht, Asyl und Menschenrechte. Isabell Meister, die den Tisch zusammengestellt hat und im Januar erweitern will, hat noch ein weiteres Projekt laufen, und zwar ein sehr erfolgreiches: Die Kleiderspendenaktion für Flüchtlinge, die sie mit ihren neunten Klassen in Ethik angeleiert hat, ist super angekommen – und geht noch weiter (Bericht folgt).

Das Jahresthema Asyl wird am HGW weiterhin beschäftigen. „Auch wenn bis Weihnachten viel gelungen ist“, so Gerhard Loh – unter anderem auch ein beeindruckender Poetry-Slam. Und sogar der Adventskranz hoch über der Aula griff das Thema auf: Die Installation der P-Seminar-Schüler von Christian Kuttler symbolisierte mit Farben und Formen Heimat, Reise und Ziel der Flüchtlinge – und Hoffnung auf ein besseres Leben: So strahlte eine der vier Kerzen am Kranz in Form eines rettenden Leuchtturms.