Ingolstadt (DK) "Frankenstein 4.0 - Schöpfung und Größenwahn": Unter diesem Titel zeichnete der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberbayern Nord & Ingolstadt (BBK) sechs bayerische Künstler aus.
Die Vernissage zum 200-jährigen Jubiläum von Mary Shelleys Roman zeigte am Samstag eine große Bandbreite an modernen Interpretationen. Eine Reflexion über Dekadenz in einer digitalisierten Welt.
Ein Röhren tönt aus den Lautsprechern, im Wechsel mit futuristischen Klängen. Schläuche ragen aus der Wand. Zähne und Knochen stecken in einer kleinen Holzschachtel, unter einem Laken befinet sich ein Körper auf einem mit LEDs beleuchteten Labortisch. Spätestens hier ist der Bezug zu Frankenstein nicht mehr abzustreiten.
Vor einem Jahr habe die Stadt Ingolstadt den BBK angefragt, ob er zum Frankenstein-Jubiläum einen Beitrag liefern wolle, erzählte Vorstand Werner Kapfer. "Wir wollten den Industrieaspekt, diese neue Welt der Globalisierung und Digitalisierung miteinbauen", so der Vorstand. Der erste Platz und 1500 Euro Preisgeld gingen an die Münchner Künstlerin Lena Policzka für ihre kinetischen Installation "Optimatics: Phase 2". Unter Glaszylindern pumpen künstliche Körperteile. Jury-Mitglied Werner Kapfer erklärte im Gespräch mit unserer Zeitung: "Das Thema Hightech und das Modulare ist hier sofort erkennbar. Ähnliches haben wir in der Form noch nicht gesehen oder erwartet. "
Zusammen mit vier weiteren Künstlern belegte Wolfgang Bauer mit seinem Giclée-Druck "noch unsichtbar" den zweiten Platz. Nur schemenhaft lässt sich darauf eine Person erkennen und überlässt dem Betrachter großen Interpretationsspielraum. "Frankenstein bedeutet etwas, was wir noch nicht erahnen können. Wir haben Zukunftsängste trotz unserer technischen Fortschritte", philosophiert der Künstler aus Landsberg am Lech. Die Fotografie stammt aus seinem Archiv.
Hingegen extra für "Frankenstein 4.0" konzipiert ist die Skulptur "Mary Shelley gibt dem Schanzer Panther Futter" von Richard Gruber: Der Schrobenhausener persifliert dabei ansprechend, wie eine Stadt von einer Romanfigur profitieren kann - eine gewohnt humorvolle Arbeit des Künstlers, kommentiert Werner Kapfer. Ebenfalls über den zweiten Platz durften sich zwei weibliche Künstlerinnen freuen: Anneliese Hirschvogel aus Mering fertigte den Prägedruck "außer Kontrolle" und die Ingolstädterin Sieglinde Bottesch schuf die "Kreatur 4.0 I". Das erste und letzte Werk, das der Besucher in der Harderbastei sieht, ist das riesige Holzgebilde "Frank auf dem Stein" vom Preisträger Konrad Risch.
Der Kunstschaffende Thomas Neumaier, der selbst mit einem Bild in der Ausstellung vertreten war, richtete einige Worte an die Besucher. Frankenstein sei ein Symbol biotechnischer Grenzüberschreitung. "Wir jagen digitalen Vorgaben von Schönheit nach und geben uns selbst auf - wir selbst sind Frankenstein", mahnte er. Die Harderbastei zeigt nicht nur das Monster Frankensteins, wie es in Halloweenkostümen verkannt wird, sondern das Streben nach Perfektion und das damit verbundene Scheitern. Auch einige nicht preisgekrönte Exponate stechen ins Auge. Der moderne Prometheus lebt sogar 200 Jahre nach seiner Entstehung nicht nur als Monster, sondern auch als erhobener Zeigefinger in der Kunst weiter.
Harderbastei, geöffnet bis 21. Mai von Donnerstag bis Sonntag und feiertags von jeweils 11 bis 18 Uhr.
Anna Hausmann
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