Kelheim
"Wir können nicht alle aufnehmen"

Herausforderungen der Asylpolitik: Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter spricht in Kelheim

18.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:18 Uhr

Kelheim (igs) Der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU) hat sich bei einem Vortrag in Kelheim ausführlich dem Thema "Flüchtlinge und Asyl" gewidmet. Dabei beantwortete der Politiker, der auch Präsident des bayerischen Landkreistags ist, geduldig die Fragen der Besucher. Der voll besetzte Saal zeigte das Interesse von Bürgern und Lokalpolitikern an der von der Kelheimer CSU organisierten Veranstaltung.

Der Ortsvorsitzende Raimund Fries machte unter den Besuchern auch mehrere politische Mitbewerber aus, darunter Landrat Hubert Faltermeier (FW) und Bürgermeister Horst Hartmann (SPD). Als Impuls stellte Fries drei Thesen in den Raum: das von Angela Merkel geprägte "Wir schaffen das", die These von Christian Bernreiter "Noch ein Jahr schaffen wir das nicht!" sowie die vor wenigen Tagen gefallene Aussage des Kelheimer Landrats "Das werden wir nicht packen." Bernreiter berichtete in der Folge ausführlich über seine Erfahrungen in der Flüchtlingsdebatte. Überrascht über das große Echo der Veranstaltung sagte er: "Ich spüre es überall, dass viele Bürger besorgt sind und auf ihre Fragen Antworten bekommen wollen. Dieser Aufgabe müssen wir uns als politisch Verantwortliche stellen." Die politische Richtung dürfe dabei keine Rolle spielen.

Bernreiters Landkreis hat seit gut eineinhalb Jahren mit den Folgen der Flüchtlingswelle zu kämpfen. Damals entstand der Plan, dass in jedem Regierungsbezirk eine Erstaufnahme entstehen soll - für Deggendorf mit rund 500 Personen. Diese sei schnell voll gewesen, schilderte Bernreiter. "In der nächsten Zeit wurden wir überrollt." Die Helfer hätten schnell nicht mehr gewusst, wie sie das schaffen sollen. Einzig der Winter habe etwas Entspannung gebracht. Seine Forderung deshalb: "Es müssen rasch Maßnahmen ergriffen werden. Wir brauchen ein ordentliches Verfahren."

Ein weiteres Problem sei es, Wohnungen für anerkannte Asylbewerber zu finden. "Wir können die Integration nur schultern, wenn alle Bundesländer die Lasten gleich mittragen", ist sich Bernreiter als Präsident des bayerischen Landkreistags sicher. Als Vorschlag nannte er eine Residenzpflicht für Asylbewerber, um deren Bewegung besser steuern zu können.

Die europäische Lösung mit der Verteilung der Menschen auf dem ganzen Kontinent sowie die ausreichende Finanzierung von Lagern in der Türkei, im Libanon und in Jordanien hält er ebenfalls für eine Lösung. Bernreiter warnt: "Wir können in Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen - und auch nicht in Europa."

Sein Dank gilt den haupt- und ehrenamtlichen Helfern und der Polizei. Bernreiter weiß, dass für die Integration eine gute Betreuung der Jugendlichen nötig ist. Dies schließe den Deutschunterricht, gute Ausbildung und die Einhaltung der Regeln in Deutschland ein. An die Gäste appellierte Bernreiter: "Ich möchte Sie bitten, zusammenzuhalten, uns zu unterstützen, um nicht unsere Gesellschaft spalten zu lassen."

Im Anschluss an seinen Vortrag beantwortete der Politiker geduldig die Fragen der Besucher. Woran es scheitere, Straftäter ins Flugzeug zu setzen und zurückzuschicken, und wie sich Sprachförderung in Kindergarten, Mittelschule und Berufsschule besser umsetzen lassen, sind nur einige Beispiele.

Fries lobte in diesem Zusammenhang das Engagement der Lehrkräfte und die Hilfe durch Landrat Faltermeier, der die Beschulung der jungen Erwachsenen nach Kräften fördert. Die Befürchtung, dass Hauseigentümer Wohnraum zur Verfügung stellen müssen, kann Bernreiter hingegen zerstreuen: "In Bayern wird das nicht passieren."

Wie Integration funktionieren kann, zeigte Fries am Beispiel von Muhamed Ba und Kemo Korita. Letzterer arbeitet ehrenamtlich im Altenheim. Der 21-jährige Ba erzählte seine Lebensgeschichte in gutem Deutsch. Ba ist als Syrer anerkannter Asylbewerber. Er hat den Schreinerberuf gelernt und in verschiedenen Ländern gearbeitet. Diesen Beruf möchte er auch in Deutschland ausüben. Fries betonte: "Muhamed Ba schreibt in der Schule nur Einsen."