"Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht"

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann über die geplanten Anker-Zentren

09.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:25 Uhr
Innenminister Joachim Herrmann. −Foto: Kneffel/dpa

Herr Herrmann, neu ankommende Flüchtlinge sollen in sogenannten Anker-Zentren untergebracht werden, wo ihre Asylanträge bearbeitet und von wo sie gegebenenfalls wieder abgeschoben werden sollen. Einige Bundesländer wie Bayern haben ihre Bereitschaft dazu erklärt, andere nicht. Können Sie sich erklären, warum es in einigen Bundesländern Vorbehalte gibt?


Joachim Herrmann: Anker-Zentren entsprechen der Grundüberzeugung der CSU und der bayerischen Staatsregierung. Sie sind im Berliner Koalitionsvertrag festgeschrieben. Sich jetzt hinzustellen und so zu tun, als sei das eine Privatidee von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die dieser erst mal erläutern oder die man irgendwo vorab erproben müsse, bevor man das umsetzt, das halte ich für ein starkes Stück. Das geht nicht. Und man sieht ja in den Umfragen der letzten Tage, dass deutschlandweit eine klare Mehrheit von 77 Prozent dafür ist, dass solche Einrichtungen geschaffen werden.



Was konkret plant Bayern?


Herrmann: In Bayern verfolgen wir diese Idee bereits länger und haben mit der Zusammenführung der Behörden sowohl in Manching-Ingolstadt als auch in Bamberg sehr gute Erfahrungen gemacht. Diese Einrichtungen standen Pate für das, was im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde. Bei uns soll es aber nicht bei diesen beiden Zentren bleiben: Wir planen derzeit, in allen Regierungsbezirken eine solche Einrichtung zu schaffen. Alle Regionen müssen ihren Beitrag leisten.



Wer wird diese Anker-Zentren in Zukunft betreiben. Der Bund?


Herrmann: In Bayern wird der Betrieb definitiv in der Hand des Landes sein. Wir freuen uns, wenn der Bund das überall bestmöglich unterstützt. Aber es ist der ausdrückliche Wunsch der Regionen vor Ort, dass der Freistaat diese Einrichtungen betreibt. Damit etwas vorwärts geht, nehmen wir das selbst in die Hand - selbstverständlich in strengstem Einvernehmen mit dem Bundesinnenminister.



Von welchen möglichen Standorten in Bayern sprechen wir?


Herrmann: Ich gehe nicht davon aus, dass wir irgendwo eine völlig neue Einrichtung aus dem Boden stampfen. Vielmehr werden wir prüfen, ob in vorhandenen Einrichtungen, wie es sie bereits in Manching-Ingolstadt, Donauwörth, Bamberg, Regensburg, Deggendorf, Zirndorf oder Schweinfurt gibt, die notwendigen Behörden angesiedelt werden können. Dazu werde ich in den nächsten Wochen das Gespräch mit den Oberbürgermeistern und Landräten suchen.



Wieviele Flüchtlinge sollen in einem solchen Anker-Zentrum untergebracht werden?


Herrmann: Laut Bundesinnenminister nicht mehr als 1500 Menschen. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass es schwierig wird, das vernünftig zu steuern, wenn es mehr Menschen sind. In Bayern werden wir das aber als Richtwert zu Grunde legen.



Reden wir von einer geschlossenen Einrichtung?

 
Herrmann: Wer dort untergebracht ist, unterliegt der Residenzpflicht, muss sich also dort aufhalten. Wer sich unerlaubt entfernt, wird bestraft. Es ist aber kein Gefängnis, man kann jederzeit in der Stadt einkaufen oder spazieren gehen.



Und untertauchen, wenn man abgelehnt wurde?


Herrmann: Wer untertaucht und aufgegriffen wird, wird festgenommen und zurückgebracht. Wir wollen umgekehrt denen, die das Land verlassen müssen, eine Beratung zur freiwilligen Rückkehr anbieten: Wir zahlen Heimreisekosten und für manche eine zusätzliche Beihilfe, damit sie zu Hause zurecht kommen. Das ist für den Staat kostengünstiger, als jemandem noch monatelang den Unterhalt zu finanzieren. Wer diese Chance nicht nutzt, wird aus der Einrichtung heraus abgeschoben - unter Verlust der Möglichkeit, irgendwann wieder legal ins Land zu kommen zu können.



Dazu müsste man aber die Abschiebungen effizienter gestalten?


Herrmann: Hier sind in der Tat noch Aufgaben zu erledigen. Es gibt Länder, die nicht kooperieren und keine Pass-Ersatzpapiere ausstellen. Dennoch gelingt es uns, langsam, aber kontinuierlich, die Abschiebezahlen zu steigern.


Die Fragen stellte Alexander Kain.

.