Wildtiere zum Greifen nah

18.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:34 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Der Winter dürfte mild werden – glauben die Männer vom Wildpark am Baggersee. Denn erst vor vier Wochen haben die Wildschweine Nachwuchs bekommen. Mit Blick auf die kalte Jahreszeit ein gutes Zeichen, wie die Zuhörer bei einer Führung erfuhren.

Wildschweine können das ganze Jahr über Nachwuchs bekommen. Zum Winter hin ist das aber eine große Ausnahme, wie Martin Dippold und Peter Motzet von der Stadt einer Hand voll Eltern und Kindern am Samstag erläuterten. Sie waren trotz des Nieselregens gekommen, um zu erfahren, wie Wildschweine (im Fachjargon Schwarzwild), Büffel (Wisente), Hirsche (Rotwild) und die Hirsche mit den Schaufeln statt Geweih (Damwild) in den Gehegen am Baggersee leben.

20 000 Euro für den Wildpark, für Futter, Mähen und neue Zäune zum Beispiel, dazu 40 000 Euro für die Männer, die sich um die Tiere kümmern, sie füttern oder auch impfen – das lässt sich die Stadt Ingolstadt den öffentlich zugänglichen Park jedes Jahr kosten. Seit 37 Jahren gibt es ihn schon.

Und damit die Besucher dieses Mal einen besonderen Blick auf die Tiere werfen konnten, wurde die tägliche Fütterung eigens zwei Stunden nach hinten verlegt. Den Hirschen war die Gruppe mit den bunten Regenschirmen aber nicht so ganz geheuer, das Männchen Pfahli (so heißt es, weil es aus Pfahldorf stammt), seine neun Frauen und sieben Kinder hielten lieber Sicherheitsabstand.

Den Büffeln war der ungewohnte Menschenauflauf egal. Sie fraßen seelenruhig ihr gepresstes Getreide und das Stroh, obwohl die Besucher zum Greifen nahe waren – Dippold und Motzet hatten das Futterhaus aufgesperrt. So standen die staunenden Gäste im Trockenen und rochen sogar den würzigen Duft der massigen Tiere, die bis zu 18 Zentner schwer werden können.

Die Hirsche haben harte Wochen hinter sich. Beim Rotwild ist die Brunft, die Paarungszeit, gerade vorbei, beim Damwild hat sie vor einer Woche begonnen. Das fordert den ganzen Hirsch. Dippold versuchte sich vor den Kindern vorsichtig auszudrücken, aber der kleine Tobias wusste Bescheid: "Haben sie Babys gemacht"

Bei den Wildschweinen wuselte der lustig gestreifte Nachwuchs nur so herum. Motzet schleppte eine Tonne voll Eicheln an, die die Kinder den Wildschweinen begeistert hinwarfen – manche Eltern nicht minder. Was war das für ein Quieken und ein Gerangel unter den Tieren, jedes hatte Angst, zu kurz zu kommen! Fonsi, der mächtige Eber, scherte sich nicht im geringsten um seinen forschen Nachwuchs: Wer ihm zu nahe kam, wurde mit der Schnauze beiseite geworfen. Das sah gefährlicher aus, als es war – die Kleinen quittierten es trotzdem mit ohrenbetäubendem Quieken.

Vier Wildarten leben in den drei Gehegen, drei, weil Wisent und Damwild sich eines teilen. Immer wieder habe es Überlegungen gegeben, eine fünfte Tierart dazu zu holen, berichtete Dippold. Aber Elche zum Beispiel seien sehr schwer zu halten, und Rehe würden sich immerzu verstecken. Eine fünfte Tierart hat sich ohnehin von alleine dazu gesellt: In der Suhle, dem Tümpel der Wisente, lebt eine Schnappschildkröte Die hat jemand am Baggersee ausgesetzt. Alle Versuche Motzets, das Tier los zu werden, haben nichts gebracht.

Da tut sich Motzet bei Wildschwein, Hirsch und Wisent schon leichter: Leben zu viele im Gehege, schießt der Jäger zu früher Stunde das eine oder andere Tier. Gassigehern und Joggern gefällt das freilich gar nicht. Doch würde Motzet nicht durchgreifen, gäbe es öfter Dramen wie bei den Hirschen: Pfahli hat seinen Vorgänger nämlich umgebracht, denn männliche Hirsche dulden keine Nebenbuhler. Und so trieb der alte Hirsch eines Tages tot im Tümpel.