Wiesinger: "Zuerst kommt der Kampf Mann gegen Mann"

22.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:01 Uhr
Gibt vorerst den Ton an beim FC 04: Interimstrainer Michael Wiesinger. −Foto: Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Tag eins nach der Ära Thorsten Fink bescherte den Kickern des FC Ingolstadt einen freien Nachmittag. "Die Spieler sollen das Geschehene erst einmal verarbeiten, dann bereiten wir uns auf die schwere Aufgabe gegen Mainz vor", sagte Interimstrainer Michael Wiesinger bei seiner Amtsübernahme.

Bevor sich der bisherige Chef der U 23-Mannschaft gestern Vormittag auf dem Gelände des FC Gerolfing – der Trainingsplatz am Tuja-Stadion erhält einen neuen Rollrasen – in einer kurzen Ansprache an die Profis wandte und sich in einem Trainingsspiel einen ersten Eindruck verschaffte, herrschte noch einmal Abschiedsstimmung. Thorsten Fink holte nämlich um halbneun seine Sachen ab, dankte Mannschaft und Betreuern für die Zusammenarbeit und wünschte viel Glück im Abstiegskampf. Manch einer verdrückte dabei sogar eine Träne. "Einen charakterlich so feinen Trainer wie Thorsten Fink habe ich noch nicht erlebt", meinte beispielsweise Resi Kick, die gute Fee im Spieler-Kabinentrakt.

Danach zog der Alltag beim FC 04 ein und der 36-jährige Wiesinger übernahm das Zepter. "Wir sind ein Team, aber ich habe das Sagen", machte der 116-fache Ex-Bundesligaprofi (Bayern und 1860 München, 1. FC Nürnberg) klar und gab die Marschrichtung vor: "Wir müssen zur Basis zurückkehren, und das heißt in den Zweikämpfen bestehen, den Gegner bearbeiten, sich zerreißen. Dass wir fußballerisch große Qualitäten haben, ist bekannt, aber zuerst kommt der Kampf Mann gegen Mann", steckte der einstige Mittelfeldspieler die Prioritäten ab.

Seine Freundschaft zu Thorsten Fink bedeutet aber nicht, dass sich Wiesinger bei ihm Rat holt. "Ich habe schon eigene Vorstellungen und kenne die Mannschaft ja auch. Jetzt sind alle Alibis weg, und für jeden geht es bei null los. Ich bin da völlig unvoreingenommen", sagte Wiesinger. Weil der zweifache Familienvater (Sohn Jonas ist zehn Jahre alt, Tochter Emma sieben Wochen) nicht die in der 2. Bundesliga erforderliche Fußballlehrerlizenz besitzt, stehen ihm der bisherige Co-Trainer Heiko Vogel und Chefscout Egbert Zimmermann zur Seite.

Allerdings ist noch nicht klar, ob Wiesinger am Sonntag gegen den FSV Mainz auf der Bank sitzt. "Die Frage ist, ob wir bis dahin schon einen Trainer haben oder nicht. Wir wollen keinen Schnellschuss machen. Es sind vier Kandidaten in der engeren Wahl, aber wir müssen die Gespräche auch erst koordinieren. Darum kann es sein, dass sich der mögliche neue Mann die Mannschaft am Sonntag erst einmal von der Tribüne aus ansieht", meinte Sportdirektor Harald Gärtner. "Fest steht nur, dass Wiesinger die Mannschaft auf das Mainz-Spiel vorbereiten soll."

Kapitän Stefan Leitl, der wie seine Teamkameraden am Dienstagabend noch von der Entlassung Finks informiert worden war, reagierte ganz professionell auf den Trainerwechsel. "Natürlich waren wir überrascht, weil es ja vor zwei Wochen noch hieß, dass Fink bis Saisonende bleibt. Aber wir können nicht lange darüber nachdenken oder traurig sein, schließlich haben wir gegen Mainz eine schwierige Aufgabe zu lösen", meinte Leitl, für den die Situation nach 13 Profijahren zwar nicht neu ist, im Ergebnis aber völlig offen. "Das läuft immer gleich ab. Wenn der neue Trainer die Mannschaft erreicht, kann das schon etwas bewirken, es kann aber auch sein, dass es nichts bringt", sagte Leitl.

Letzteres hofft selbstverständlich niemand im FC-Lager, schon gar nicht der Aufsichtsrat. "Wir haben diesen Entschluss nicht aus Zweckoptimismus gefasst, sondern weil noch die realistische Chance besteht, die Klasse zu halten. Deshalb wollten wir alles probieren", begründete der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Andreas Schleef nochmals den Schritt. Ihm wäre jetzt ein Feuerwehrmann am liebsten, der sich die verbleibenden sechs Spiele zur Verfügung stellt, und dass man danach über die Zukunft entscheidet. "Aber mir ist klar, dass vielen Trainern dafür das Risiko zu hoch ist. Wenn es jedoch ein Trainer sein wird, der auch den Neuaufbau betreiben soll, haben wir keine Eile. Dann muss es ein Mann sein, mit dem der sofortige Wiederaufstieg möglich ist", so Schleef.