Beilngries
Wie konnte es zur Unterschlagung kommen?

Rechnungsprüfungsausschuss stellt Bericht im Stadtrat vor – CSU kritisiert "Opferrolle" der Bürgerliste

26.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Beilngries (rgf) Eineinhalb Jahre sind inzwischen vergangen, seit der Unterschlagungsfall in der Beilngrieser Stadtkasse bekannt geworden ist. Wie vielfach berichtet, wird ein ehemaliger Verwaltungsmitarbeiter verdächtigt, rund 600 000 Euro unterschlagen zu haben. In der Stadtratssitzung am Donnerstagabend legte der örtliche Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) nun seinen Bericht zu diesen Vorgängen vor.

Dessen Vorsitzender Franz Josef Hiebinger (CSU) verwies zunächst darauf, dass als Grundlage dieses Berichts der Bericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes diente. Letzterer habe die nachfolgenden Mängel in der Organisation der Stadtverwaltung benannt. Der örtliche RPA sei aber zu den gleichen Einschätzungen gelangt.

Hiebinger nannte in der Sitzung vier Kernmängel. Diese hätten das kriminelle Vorgehen des Verdächtigen zumindest erleichtert, so die Einschätzung des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes. So habe der Verdächtige die Möglichkeit gehabt, Zahlungen sowohl anzuordnen als auch zu vollziehen. Dies sei ihm durch die Organisation der Stadtverwaltung so auch ermöglicht worden. Dies entspreche aber nicht dem Gesetz. Anordnung und Vollzug müssten grundsätzlich von zwei Personen getrennt voneinander abgewickelt werden.

Ferner schreibe das Gesetz einmal pro Jahr eine „unvermutete“ örtliche Kassenprüfung vor. In der Praxis habe diese für gewöhnlich aber zu einem ähnlichen Zeitpunkt stattgefunden, las Hiebinger aus dem Bericht des RPA vor.

Als weiteres Problem skizzierte er die Kontrolle von Belegen auf Vollständigkeit. Grundsätzlich müsse vor einem Zahlungsvorgang geprüft werden, ob alle Unterlagen vollständig vorliegen – und zwar von einer zweiten Person. Zudem müssten einmal jährlich alle Belege auf Vollständigkeit geprüft werden.

Als viertes zentrales Manko weist der Bericht schließlich aus, dass der Verdächtige Zugriff auf Passwörter und Pins hatte, die er eigentlich nicht hätte haben dürfen. Dies sei – genau wie die anderen Punkte – auch nicht mit personellen Engpässen zu rechtfertigen, so die Einschätzung der Prüfer. Zudem habe der Verdächtige Systemverwalterbefugnisse gehabt. Damit hätte er Einstellungen in Programmen vornehmen können. Dies soll künftig sowohl Mitarbeitern der Kasse als auch der Kämmerei gänzlich vorenthalten sein. All diese Anmerkungen des RPA sind schon in die bestehende Dienstanweisung eingearbeitet worden und werden von der Verwaltung bereits umgesetzt.

Zudem fordert der RPA eine Stellungnahme des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes an. Wie berichtet, wird dem Verdächtigen ein ähnliches Vergehen in der Gemeinde Burgthann zur Last gelegt. In beiden Fällen sei der gleiche Prüfer des Verbandes zuständig gewesen, er habe trotz seines Wissens um die Vorgänge in Burgthann aber nicht ausreichend Alarm geschlagen, so die Einschätzung des RPA. Abschließend teilte Hiebinger mit, dass der vorgelegte Bericht nicht von allen Ausschussmitgliedern unterzeichnet wurde. Dies hätten ausschließlich die CSU-Räte getan, nicht aber Manfred Thoma und Brigitte Frauenknecht (BL/FW).

Thoma erläuterte den Grund. Mit dem vorgelegten Bericht gehe man zwar absolut konform, allerdings hätte man einige Ergänzungen gewünscht. So hätte in den Bericht aufgenommen werden sollen, dass die entsprechenden organisatorischen Strukturen bereits in die 1990er Jahre zurückreichen und daran in den 2000ern nichts geändert worden sei. Zudem hätten sich die beiden Vertreter der Bürgerliste an einigen Stellen im Bericht einen Verweis auf die Stellungnahme der Verwaltung gewünscht. Da dies im Ausschuss keine Mehrheit fand, habe man letztlich nicht unterzeichnet. Bürgermeister Alexander Anetsberger bezeichnete dies als „ungewöhnlichen Vorgang“. Schließlich sei die Stellungnahme der Verwaltung dem Protokoll beigelegt. Im Beschlussvorschlag zur Sitzung am Donnerstag ist festgeschrieben, dass die aufgezeigten Änderungen bereits in Kraft getreten sind. Dies und den Bericht des RPA nahm das komplette Gremium zustimmend zur Kenntnis.

Johannes Regnath nahm als Sprecher der CSU-Fraktion und Mitglied des Ausschusses ebenfalls Stellung. Er ging auf die Punkte ein, die Thoma angesprochen hatte. Die Argumentation, dass die organisatorischen Mängel bereits in die 1990er Jahre zurückreichen, „greift zu kurz“, so Regnath. Schließlich habe der Prüfungsverband diese Probleme in den Jahren 2007 und 2012 aufgezeigt. Auch wenn es in der Folge vom Landkreis ausschließlich eine Empfehlung zur Behebung „im Rahmen des der Stadt zustehenden Ermessens“ gegeben habe, sei die Brisanz in der Verwaltung wohl verkannt worden, so die Einschätzung der CSU.

Anschließend machte Regnath noch einmal deutlich, dass neben der hohen kriminellen Energie des Verdächtigen eben auch die aufgezeigten Mängel die Unterschlagung ermöglicht hätten. Dies gehe aus dem Bericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes eindeutig hervor. Mit Blick auf die Diskussionen im Ausschuss müsse er noch einmal einige Worte in Richtung Bürgerliste richten. Die CSU hätte sich etwas weniger „Opferrolle“ und etwas mehr „mea culpa“ gewünscht. „Dies ist leider bis zum heutigen Tag nicht geschehen“, sagte Regnath. Dennoch sei seine Fraktion bereit, dieses Kapitel hiermit aus politischer Sicht abzuschließen.

Die weitere Aufklärung läuft jetzt vor allem auf juristischer Ebene. Über neue Entwicklungen werde er das Gremium informieren, sagte Anetsberger. Im Moment gebe es hierzu aber nichts zu verkünden.