Wie blutig war der Kult der Druiden?

27.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:21 Uhr
Der Druidenstein bei Mäbenberg soll Schauplatz gleich mehrerer schauerlicher Sagen gewesen sein. −Foto: Unterburger

Mythen, Märchen und Legenden - unsere Region ist voll davon. Auch keltische Druiden hielten hier einst ihre Rituale ab. Die Geschichten von Menschenopfern am sogenannten Druidenstein im Landkreis Roth sind allerdings erfunden.

Etwa einen Kilometer südwestlich der Ortsschaft Mäbenberg im Landkreis Roth liegt ein merkwürdiger großer Stein im Wald, um den sich schauerliche und blutrünstige Sagen gebildet haben. Anlass zu diesen Geschichten gaben die Rinnen im Fels, die sicherlich durch Verwitterung entstanden sind, aber als "Blutrinnen" gedeutet wurden.

So erzählte die einstige Abenberger Burgherrin Schott unter ihrem Mädchennamen Laura von Schröder im Jahre 1908 von der keltischen Häuptlingstochter Hilmgard, ihrem Vater Walkmar zu Abenberg und Ola, dem Herzogsohn des Odila auf dem legendenumwobenen Heidenberg. Demnach liebten die jungen Leute einander, "obwohl zwischen den Vätern tödlicher Hass herrschte. Ola geriet in die Gefangenschaft Walkmars. Hilmgard wollte ihn aus der mitten im See gelegenen Pfahlhütte, die als Gefängnis diente, befreien. Dabei erstach sie den Wächter und wurde selbst vom Druiden gefangen genommen", heißt es in dem von der Burgherrin in einer Broschüre veröffentlichten Text. "Bei dem schon am nächsten Tag am Druidenstein stattfindenden Volksgericht sprach der Druide das Urteil: Auf dem Opferstein wurde Ola vor den Augen des ganzen Volkes die Kehle durchgeschnitten."

Eine andere Sage schildert einen Kampf zwischen den Herren von Stein (Leitenberg) und dem Grafen von Abenberg, der hier stattgefunden haben soll. Eine weitere Variante erzählt: Keltische Priester - also Druiden - hätten auf dem nackten Stein bei Vollmond Tiere und gefangene Feinde geschlachtet. Man sehe noch heute die Rinnen, durch die das Blut geflossen sei.

Auch die herausgemeißelte Nische, als "Zehntgrafensitz" angesehen, ist auf den Rittersbacher Forstwart Hahn von Weyern zurückzuführen, der um 1880 eine Gedenktafel mit seinem eigenen Namen anbringen ließ. 1880 hat der Mäbenberger Waldarbeiter Jakob Wolkersdorfer im Auftrag des Rittersbacher Forstwarts Hahn von Weyern eine Stufe in den Felsen geschlagen, um den Aufstieg zu erleichtern. Tafel und Kreuz wurden nach Protesten der evangelischen Mäbenberger und des Pfarrers von Rittersbach wieder entfernt.

Aus den entstandenen Formen im Felsen machte Major Emanuel Seyler, wohl inspiriert von den Sagen, im Juli 1910 in einem Artikel einer Nürnberger Ausflugszeitung kurzerhand Sitze germanischer Richter - nämlich einen Sitz für den Oberrichter oder "Graven", einen zweiten für den stellvertretenden Beisitzer. So wurde der Stein schlagartig bekannt und Heerscharen von Ausflüglern wollten ihn sehen.

Die fantasievollen Geschichten um den Felsen wurden von der Bevölkerung bereitwillig aufgegriffen und verbreitet. Die Bezeichnung "Druidenstein" setzte sich rasch durch. Obwohl wir wissen, dass all diese Sagen erfunden sind, bleibt der Druidenstein ein faszinierendes Naturdenkmal. Der besonderen Stimmung, die sein Anblick erzeugt, kann sich auch der nüchternste Betrachter kaum entziehen.

Ob es bei den keltischen Priestern einst wirklich blutige Menschenopfer gab, ist nicht sicher. Es gibt zwar entsprechende Berichte in Schriften der alten Römer. "Doch die sind tendenziös und deshalb mit Vorsicht zu genießen", sagt Tobias Esch, Leiter des Kelten- und Römermuseums in Manching. "Die Römer hatten nämlich ein Interesse daran, die Kelten als brutale Barbaren darzustellen."

Waren die Druiden also eher friedfertige Gesellen wie der Miraculix aus den Asterix-Heften? Dagegen spricht der aus heutiger Sicht grausige Schädelkult, den die Kelten pflegten: Sie schlugen ihren Feinden die Köpfe ab und nagelten die Schädel als Trophäen an Pfosten. Ein solcher Pfahl stand einst vor einem der Tore zum Oppidum, der im dritten Jahrhundert vor Christus gegründeten Keltenstadt nahe des heutigen Manchings. Im dortigen Museum sind einige solche Schädel zu sehen - mit den von Nägeln stammenden Löchern. "Ob sie von Priestern oder Kriegern angebracht wurden, wissen wir aber nicht", sagt Esch.

Dass es im Oppidum auch Druiden gab, steht für den Museumsleiter angesichts der von Archäologen entdeckten Heiligtümer und Kultgegenstände dagegen fest. Und sie genossen ein hohes Ansehen. "Die Druiden bildeten die religiöse und geistige Elite der damaligen Gesellschaft", sagt Esch.

Robert Unterburger, Gunther Lutz