Geisenfeld
Wertvolle Unterstützung oder "Placebo"?

Am 22.März entscheidet der Geisenfelder Stadtrat über die Einführung einer Sicherheitswacht

06.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:44 Uhr
Sicherheitswacht Foto Ritchie Herbert, 27.10.2010 −Foto: SYSTEM

Geisenfeld (GZ) Die hiesige Polizeiinspektion hat es vorgeschlagen, und auch Bürgermeister Christian kann es sich für Geisenfeld "gut vorstellen" - die Einführung einer ehrenamtlichen Sicherheitswacht, die die Polizei punktuell unterstützt. Entscheiden soll darüber nun der Stadtrat.

Sicherheitswachten gibt es bereits in weit über hundert bayerischen Kommunen - allerdings bisher nur in den größeren, doch dass soll sich nun sukzessive ändern. So will es das Bayerische Innenministerium, das das Ziel ausgegeben hat, die Zahl der in Sicherheitswachten ehrenamtlich Tätigen von derzeit rund 879 bis zum Jahr 2020 auf 1500 zu erhöhen. Von den Polizeipräsidien wurden die Inspektionsleiter deshalb angewiesen, den Kommunen in ihrem Einzugsgebiet diesen Dienst schmackhaft zu machen.

Entsprechend hat Geisenfelds Polizeichef Klement Kreitmeier mit den Bürgermeistern der von der hiesigen PI betreuten Gemeinden Kontakt aufgenommen und ihnen die Idee vorgestellt. Die Resonanz fiel unterschiedlich aus, wie Kreitmeier wissen lässt. "Ein Teil der Bürgermeister hat abgewunken, aber die Rathauschefs von Geisenfeld, Wolnzach und Reichertshofen haben gesagt, sie könnten sich so etwas für ihr Gemeindegebiet vorstellen." Die Entscheidung, ob die Polizei hier Schritte zur Einführung einer Sicherheitswacht unternehmen wird, sollen jedoch die jeweiligen Gemeindeparlamente treffen.

In Geisenfeld wird sich der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung am 22. März mit diesem Thema zu befassen haben, lässt Bürgermeister Christian Staudter wissen. Er selber findet die Idee positiv, "denn zusätzliche Präsenz von Sicherheitskräften kann nur nutzen und nicht schaden", sagt er. Auch er sehe zwar im Stadtgebiet "grundsätzlich kein Sicherheitsdefizit", man habe aber immer wieder Fälle von Vandalismus und Sachbeschädigungen - insbesondere im Umfeld von Festen und größeren Veranstaltungen. Und wenn man hier gezielt auf zusätzliche Sicherheitskräfte zurückgreifen könne, sei hier "viel geholfen", so Staudter. Zumal die Kapazitäten der Polizei begrenzt seien und diese "mit anderen Aufgaben stark belastet oder gar überlastet sei". Deshalb, so Staudter, könne er auch mit der Kritik an solchen Sicherheitswachten, wonach diese nur eine Scheinsicherheit vermitteln würden, wenig anfangen.

Auch Polizeichef Klement Kreitmeier verweist auf die Fälle von Sachbeschädigungen, erinnert aber auch auf die Wohnungseinbrüche zu Dämmerungszeiten. Da schade es nicht, wenn ein paar Leute mehr die Augen offen haben. Vorstellen kann er sich einen Beginn zunächst mit jeweils zwei Personen in den drei Gemeinden, die man dann auch mal im Verbund einsetzen könne. Will heißen: Wenn in Geisenfeld Volksfest ist, könnten auch Kräfte aus Reichertshofen oder Wolnzach hinzugezogen werden - oder umgekehrt. Ein fester Schichtdienst sei weder möglich noch gewollt, vielmehr würden die Sicherheitswachtler nur "punktuell" eingesetzt. Alles geschehe unter Federführung der Polizei, und über diese laufe auch die Bewerbung und letztlich die Auswahl der Kandidaten. Mit dieser, so betont Kreitmeier, "steht und fällt der Erfolg einer solchen Einrichtung". Man könne hier "keine Wichtigtuer oder notorischen Denunzianten" gebrauchen, sondern "kontaktfreudige Personen mit einer vermittelnden Art, die auf die Leute zugehen". Wo man gute Leute habe, seien die Erfahrungen mit solchen Sicherheitswachten "durchwegs positiv", sagt Kreitmeier.

In manchen Polizeikreisen sieht man dies freilich ganz anders. "Aus polizeilicher Sicht ist die Sicherheitswacht ein Placebo", hat Hermann Benker, Bayern-Chef der Deutschen Polizei-Gewerkschaft, im Juni vergangenen Jahres zu diesem Thema gesagt. Ausbildung und Einsatzorganisation der Sicherheitswachtler seien für die Polizisten vor Ort eine zusätzliche Belastung, der messbare Ertrag sei minimal. "Im Verhältnis zum Aufwand ist das eine Nullnummer", bilanzierte Benker. Und er warnte vor der Gefahr von Übergriffen auf die Ehrenamtlichen in einer Zeit, da selbst Feuerwehrleute und Rettungskräfte vermehrt Gewalt ausgesetzt seien. Wessen Position der Geisenfelder Stadtrat mehrheitlich für plausibler hält, wird sich in zwei Wochen erweisen.

SICHERHEITSWACHT BISHER IN 132 BAYERISCHEN KOMMUNEN

Mit Sicherheitswacht ist die Unterstützung der Polizei durch ehrenamtliche Helfer gemeint. "Sie kann und soll die Arbeit der Polizei nicht ersetzen, sondern ergänzen", heißt es in einer Erläuterung der bayerischen Polizei. 1994 als Modellprojekt in drei Städten eingeführt gibt es sie seit 20 Jahren bayernweit - Tendenz steigend. Derzeit leisten in 132 bayerischen Kommunen Sicherheitswachten Dienst. In diesen engagieren sich 869 Personen, davon 302 Frauen (Stand: 1. Oktober 2017). Neu dazukommen werden demnächst Schrobenhausen und Neuburg. Hier haben die Stadträte in den vergangenen Wochen grünes Licht gegeben. Im Landkreis Pfaffenhofen hat sich bis dato noch keine Gemeinde zur Einführung entschlossen.

Angehörige der Sicherheitswacht patrouillieren in Absprache mit der jeweiligen Polizeidienststelle im Bereich wechselnder lokaler Brennpunkte, bei Veranstaltungen, in Freizeitanlagen oder größeren Wohngebieten. Sie sollen alleine durch ihre Anwesenheit den Bürgern ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Stellen sie etwas Verdächtiges fest, verständigen sie die Polizei.

Allenfalls bei Gefahr im Verzug ist ein eigenes Eingreifen vorgesehen. Angehörige der Sicherheitswacht haben das Recht, Personen anzuhalten, sie zu befragen und ihre Personalien festzustellen oder auch einen Platzverweis zu erteilen, wenn dies zur Gefahrenabwehr oder zur Beweissicherung notwendig ist. Sie führen keine Waffe mit sich und haben zum Eigenschutz ein Funkgerät und ein Reizstoffsprühgerät dabei. Die Angehörigen der Sicherheitswacht tragen ein blaues Piquee-Kurzarmhemd sowie eine blaue Einsatzjacke mit der Aufschrift "Sicherheitswacht". Sie müssen sich auf Verlangen ausweisen.

Bevor ihr eigentlicher Einsatz bei einer Polizeiinspektion beginnt, erhalten die ehrenamtlichen Helfer eine 40-stündige Ausbildung durch die Polizei. Im Durchschnitt leisten die Sicherheitswächter monatlich zehn bis 15 Stunden Dienst. Für die Sicherheitswacht können sich Frauen und Männer bewerben, die mindestens 18 und höchstens 62 Jahre alt sind, durch Zeugnis eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung nachweisen, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft bewiesen haben und bereit sind, für diese Aufgabe im Durchschnitt fünf Stunden monatlich zur Verfügung zu stehen. Eine Pauschale von acht Euro in der Stunde (vom Staat bezahlt) soll den persönlichen Aufwand ausgleichen. | kog