Ingolstadt
"Wer sich zu früh freut, hat ein Problem"

FCI-Sportdirektor Thomas Linke appelliert vor Spiel in Wolfsburg an das Team, die Spannung zu halten

12.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:18 Uhr

Ingolstadt (DK) Der FC Ingolstadt hat in der Fußball-Bundesliga in acht Tagen neun Punkte wettgemacht. Das ist schon rekordverdächtig. Trotzdem warnt FCI-Sportdirektor Thomas Linke vor Euphorie beim Tabellen-17. "Erreicht haben wir noch nichts", sagt der 47-Jährige vor dem Spiel in Wolfsburg.

Gleichwohl ist die Stimmungslage vor dem Duell am Ostersamstag (15.30 Uhr) nach dem Siegeszug in der Englischen Woche eine andere als zuvor. Selbst der direkte Klassenerhalt ist nun bei nur noch einem Zähler Rückstand wieder möglich - ein Ziel, das Linke vor sechs Wochen ("Ab jetzt ist der Relegationsplatz unser Ziel") schon aus den Augen verloren zu haben schien. "Wir wollen das Maximum erreichen, und das bedeutet für uns den Klassenerhalt. Wir haben uns in der Englischen Woche eine realistische Chance erarbeitet, dass wir das Ziel auch erreichen können. Wir nehmen jede Menge Selbstvertrauen mit nach Wolfsburg", sagt Linke nun. Selbst kann sich der Ex-Nationalspieler nicht daran erinnern, dass er so eine Aufholjagd in so kurzer Zeit schon einmal erlebt hat.

Verbal geht der ehemalige Verteidiger jetzt aber in die Offensive. "Für Wolfsburg ist es sicher ein sehr unangenehmes Spiel", meint Linke und konkretisiert: "Darmstadt und Ingolstadt waren für die anderen Mannschaften doch praktisch schon abgestiegen. Jeder hat nur mit der Relegation gerechnet. Jetzt fängt der eine oder andere zu überlegen an, es könnte für ihn auch direkt nach unten gehen. Von daher ist der Druck bei Wolfsburg immens, weil sie jetzt in einer Situation sind, die sie so nicht erwartet hätten."

Dabei hat der Meister von 2009, dessen Kader einen fast fünfmal so hohen Marktwert aufweist wie der der Ingolstädter, bereits die ganze Saison über erhebliche Probleme. Schon im Hinspiel steckten die "Wölfe" im Tabellenkeller, hatten einen Trainer- (Valerien Ismael für Dieter Hecking) und Managerwechsel (Olaf Rebbe für Klaus Allofs) hinter sich und wurden vom Theater um den abwanderungswilligen Julian Draxler und den VW-Abgas-Skandal erschüttert. Das 1:1 beim FC Ingolstadt war enorm schmeichelhaft. "Wolfsburg wird nicht noch einmal so auftreten. Wir haben einen Elfmeter verschossen und hätten das Spiel den Chancen nach 8:1 gewinnen müssen. Aber das war ein Spiel, in dem wir uns nicht belohnt haben", erinnert sich Linke und meint: "Die Mannschaft hat eine überragende Qualität. Das ist keine Frage. Aber sie ist nach den beiden Niederlagen gegen Freiburg und Schalke wieder unten reingerutscht. Das wird bestimmt ein schönes Kampfspiel."

Die personelle Situation sieht der Sportdirektor entspannt - trotz der Rotsperre von Romain Bregerie, der in den Spielen gegen Wolfsburg und Bremen fehlen wird. "Das ist natürlich ärgerlich. Er war zuletzt ein Garant dafür, dass wir erfolgreich waren. Aber die Mannschaft hat immer ausgezeichnet, dass jemand anderer in die Bresche springt, wenn einer ausfällt", meint Linke und hält nichts davon, den Franzosen zusätzlich intern zu bestrafen. "Vielleicht war es für ihn etwas emotionaler als sonst, weil er früher in Darmstadt gespielt hat. Für mich war das ein Zweikampf, er hat nichts böswillig gemacht oder jemanden verletzen wollen. Ich hätte als Schiedsrichter die Gelbe Karte gegeben", sagt Linke.

Ein Sonderlob zollt der FCI-Sportdirektor Sonny Kittel, dem beim 3:2-Sieg in Augsburg sein erstes Bundesliga-Tor gelang. "Wir wussten, dass er ein außergewöhnlicher Spieler für uns werden kann, wenn er mal gesund ist. Er konnte es nicht erwarten, wieder auf dem Platz zu stehen. Von daher war die Zeit in den Krafträumen für ihn nicht einfach, aber er hat das Programm sehr diszipliniert mitgemacht", sagt Linke über den 24-Jährigen mit der langen Leidensgeschichte.

Bis Mitte März wurde der Ex-Frankfurter, der schon zwei Kreuzbandrisse und Knorpelschäden in den Knien überstehen musste, mit einem straffen Fitnessplan und Kurzeinsätzen an die Mannschaft herangeführt. Erst beim 2:2 gegen Köln durfte der Kreativspieler in der Startelf auflaufen und 67 Minuten lang sein Können zeigen. Seither ist der quirlige Techniker ein fester Bestandteil und Hoffnungsträger. "Sein Ehrgeiz wird uns auch in den letzten Spieltagen tragen", prophezeit Linke.

Gleichwohl weiß Linke, dass noch sechs schwere Aufgaben auf die Schanzer warten. "Jeder, der sich zu früh freut, hat am Ende ein Problem. Wir müssen die Spannung hochhalten. Wir wissen, dass es noch sauschwer wird, die letzten Spiele zu bestreiten. Es geht für alle Mannschaften um viel, um internationale Plätze und den Nichtabstieg. Jeder hat etwas zu verlieren", meint Linke und hofft, dass der FCI in Wolfsburg an seine jüngsten Leistungen anknüpfen und erneut punkten kann.