Paulushofen
Wenn Roboter übers Spielfeld jagen

Christian Lobmeier aus Paulushofen nimmt regelmäßig an internationalen RoboCup-Veranstaltungen teil

20.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr |

− Foto: Julian Fleischmann

Paulushofen (DK) Am Ende zählt beim Fußball nur eines: Tore, Tore, Tore. Und so ist das eigentlich auch, wenn die Spieler am Feld gerade einmal 15 Zentimeter hohe Roboterwürfel sind, die einem orangefarbenen, tennisballgroßen „Fußball“ nachjagen.

Dennoch: Ab und zu gerät die Torjagd ins Hintertreffen. Dann etwa, wenn solch ein Blechspieler dank genial ausgetüftelter Walze ein faszinierendes Dribbling beginnt. Dann, wenn, der Ball präzise „angenommen“ wird, ein Roboter plötzlich sogar seitlich kicken kann. Dann stöhnen die fachkundigen Zuschauer am Spielfeldrand begeistert auf, nicht wegen eines Torschusses, sondern weil der kleine Blechspieler technisch raffiniert agiert, die perfekte Position eingenommen hat, genau berechnet, wo er für seinen Einsatz stehen muss.

Genau berechnet. Das ist das Geheimnis bei „RoboCup“-Spielen. Denn jeder Spielzug, jeder Angriff oder Konter wird von einem Rechner aus gesteuert. Die kleinen Roboter am Spielfeld führen nur aus, was sie per Funk über ihre empfindlichen Sensoren am Kastendeckel von Computerprogrammen empfangen. In monatelanger Tüftelarbeit werden die Programme dazu entwickelt, die Spielroboter gebaut, mit Daten gefüttert, optimiert. Während eines Spiels dürfen die Entwickler nicht mehr eingreifen, dann „kommuniziert“ die Technik alleine.

„Das ist natürlich aufregend. Funktioniert alles wie geplant und programmiert? Bei uns wird jedes Detail selbst gebaut“, sagt Christian Lobmeier aus Paulushofen. Der 23-Jährige ist Student an der Universität Erlangen und seit rund fünf Jahren Mitglied beim dortigen Verein Robotics Erlangen. Die Erfolge der Tüftlerfreunde sind beachtlich: Erst vor Kurzem haben sie den zweiten Platz bei den RoboCup-Weltmeisterschaften in Japan errungen, nur dem Gastgeber Japan mussten sie sich geschlagen geben. 20 Teams weltweit qualifizieren sich für die Meisterschaft. „Erst haben wir zwei Tage so genannte Setup-Days, an denen wir alles aufbauen und testen. Dann finden zwei Tage lang Gruppenspiele statt und dann gibt es Viertel- und Halbfinale und schließlich das Finale“, erklärt Lobmeier. Er ist als Informatikstudent überwiegend für die Programmierung zuständig. „Wir haben aber auch Maschinenbauer im Verein, Elektrotechniker, Mechatroniker oder Chemiebioingenieure. Jeder bringt sein Wissen ein. Es sind nicht nur Studenten dabei, jeder kann mitmachen.“ Zwölf Spieleroboter, Nummer 0 bis 11, gibt es im Verein, auch wenn auf dem Spielfeld eine Mannschaft nur aus sechs Robotern besteht. „Wir brauchen die Möglichkeit, schnell auswechseln zu können, wenn ein Spieler ausfällt“, erklärt Lobmeier. „Und wir machen viele Testspiele, dafür brauchen wir zwölf Roboter.“

Für oder durch sein Hobby ist Lobmeier schon weit gereist. In Brasilien und Teheran, Japan und den Niederlanden ist er mit seinem Team bereits zu Spielen angetreten. „Das macht einfach riesig Spaß. Nicht nur als Wettbewerb, sondern auch, weil man Leute trifft, die genauso verrückt sind. Wir sehen uns da nicht verbissen als Konkurrenz, sondern haben alle das Ziel, die Liga insgesamt zu verbessern.“

Finanzielle Unterstützung für das teure Hobby gibt es für den Verein durch die Uni Erlangen und durch Sponsoren. „Ein Roboter kostet allein vom Materialwert 2000 bis 3000 Euro, das könnten wir uns ohne Hilfe nicht leisten. Die Arbeitsstunden, die wir reinhängen, will ich gar nicht berechnen“, erklärt Lobmeier. Viel Zeit bleibt ihm neben dem Informatikstudium und seiner RoboCup-Leidenschaft nicht für andere Hobbys. Trotzdem: „Ich spiele klassische Gitarre und nehme Gesangsunterricht, singe im Uni-Chor mit“, verrät er. „Außerdem lerne ich grad Okarina-Flöte.“ Am Beilngrieser Gymnasium will er demnächst als Schülerscout über die Uni Erlangen und sein Robotics-Hobby referieren.

Die nächsten Meisterschaften finden im kommenden Jahr in Kanada statt. Einer der drei Organisatoren dafür ist Lobmeier. „Derzeit planen wir das Turnierformat und die Qualifikationsbedingungen. Noch läuft viel über Mails, aber sicher werde ich im Vorfeld noch hinfliegen.“ Und natürlich an den eigenen Robos bauen: „Für 2018 planen wir im Verein ein neues Modell, eine echte Herausforderung. Ob wir das schaffen, wissen wir noch nicht, aber zumindest ein Prototyp soll dabei sein. Damit wir weiter ganz vorne dabei sind.“

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