Schrobenhausen
Wenn Anlieger den Planungsdrang der Kommune bremsen

Bürgerbegehren gegen Bebauungs- oder Flächennutzungspläne haben für die Stadt oder Gemeinde eine Sperrwirkung

19.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:15 Uhr

Schrobenhausen/Gerolsbach (SZ) Es ist gar nicht so selten, dass sich Bürger gegen die Bauleitplanung ihrer Kommune wehren.

Ein ungeliebtes Gewerbegebiet, eine geplante Wohnsiedlung an der falschen Stelle - schnell finden sich Betroffene zusammen, die eine Bürgerinitiative gründen und ein Bürgerbegehren in die Wege leiten. Aktuellster Fall: In Gerolsbach wollen Bürger eine bereits beschlossene Änderung des Flächennutzungsplans rückgängig machen - heute Abend (19.30 Uhr im Gerolsbacher Rathaus) entscheidet der Gemeinderat über die Zulässigkeit des entsprechenden Bürgerbegehrens. So etwas steht wohl auch der Stadt Schrobenhausen bei ihrem geplanten Bebauungsplan für die Kellerbergbreite bevor. Was die Frage aufwirft: Können Bürger auf diese Weise die Bauleitplanung ihrer Kommune völlig lahmlegen? Wir haben bei den Landratsämtern nachgefragt.

Eine pauschale Antwort auf diese Frage sei nicht möglich, heißt es aus Neuburg, denn: "Das Thema Sperrwirkung eines Bürgerbegehrens ist, in Hinblick auf die verschiedenen Verfahrensschritte und -zeitpunkte, extrem komplex und hängt insbesondere im Kontext Bauleitplanung von zahlreichen Details ab. " Etwas konkreter wird der Pressesprecher in Pfaffenhofen: "Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, darf bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begonnen werden, es sei denn, zu diesem Zeitpunkt haben rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde hierzu bestanden. " Sprich: Eine Bauleitplanung, zu der es einen Bürgerentscheid geben soll, darf die Kommune erst mal nicht mehr anfassen, wobei es eben die Ausnahme der bereits bestehenden rechtlichen Verpflichtungen gibt.

Nun hat die Gemeinde Gerolsbach (auch ohne eine bekannte rechtliche Verpflichtung) im Juli genau das gemacht - den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst, der auf eben der Flächennutzungsplanänderung beruht, die die Bürger mit ihrem Antrag rückgängig machen wollen. Doch das war erlaubt. Denn die Sperrwirkung trete erst "mit der Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat ein; die alleinige Unterschriftenabgabe löst keine Sperrwirkung aus", heißt es weiter aus Pfaffenhofen.

Nach der Feststellung - die in Gerolsbach heute Abend erfolgen könnte - ist dann nach Paragraf 18a der Gemeindeordnung aber wirklich nicht mehr viel zu machen für die Stadt- oder Gemeindeverwaltung: "Die Sperrwirkung schließt die Vornahme entgegenstehender neuer Entscheidungen sowie den Vollzugsbeginn bereits vorliegender Entscheidungen aus. Bei einem Bürgerbegehren, das sich gegen eine gemeindliche Bauleitplanung richtet, werden nicht nur Entscheidungen im eigentlichen Planverfahren von der Sperrwirkung erfasst, sondern auch sonstige Maßnahmen außerhalb dieses Verfahrens, die der weiteren Umsetzung des Planentwurfs dienen. "

Bei der Gemeinde kann man dann nur noch auf das Ergebnis des Bürgerentscheids hoffen, der innerhalb von drei Wochen nach der Feststellung der Zulässigkeit stattfinden muss und bei dem die Bürger zur Wahlurne gehen und über die Frage des Bürgerbegehrens abstimmen dürfen. Lehnen sie mehrheitlich den Wunsch der Initiatoren ab und stimmen - im speziellen Beispiel von Gerolsbach - der erfolgten Flächennutzungsplanänderung zu, kann weiter geplant werden. In der Bayerischen Gemeindeordnung ist auch geregelt, welche Folgen es hat, wenn das Bürgerbegehren die Mehrheit der Stimmen bekommt: "Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats. Der Bürgerentscheid kann innerhalb eines Jahres nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden, es sei denn, dass sich die dem Bürgerentscheid zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat. "

Bernd Hofmann