Ingolstadt - Im gleichmäßigen Rhythmus rollen die Wellen auf den Strand Dakars. Langsam, schneller. Hitze scheint über dem Land zu flirren. Bei "Dakar" wähnt man sich am westlichsten Zipfel Kontinental-Afrikas: Vor einem Jahr im winterlichen Lockdown veröffentlichte der Ingolstädter Percussionist Charly Böck gemeinsam mit Koraspieler Marcus Ottschofski das Album "The Handpan Kora Project" und brachte Sonne ins Wintergrau. Was auch derzeit gut zu hören ist.
Beide entführen mit ihren Instrumenten - Ottschofski mit der westafrikanischen Stegharfe, Böck mit der ab 2007 in Europa entwickelten Handpan - in eine Welt voller Dur-Klänge, perlender Harfenklänge und sphärisch-schwebender Töne in wechselndem Rhythmus. Live zu hören war das im August 2021 auf der #trotzdemjetzt-Bühne an einem Abend mit Weltmusik.
Und wird es am 30. März wieder sein. Dann gesellt sich zum Handpan Kora Project in der Neuen Welt Ingolstadt das Mandala Quartett der Jazzförderpreisträgerin Veronika Schnattinger (Violine). Die vier Kammermusikerinnen - dazu gehören noch Karin Ratzesberger (Violine), Lisa Rendelmann (Viola) und Sunita Mamtani-Moscher (Cello) - spielen nicht nur Klassik. Schnattinger komponiert auch und bewegt sich dabei zwischen Klassik, Folk und Gipsy Swing. Der Auftritt gehört zum Weltenklang-Festival (17. März bis 30. April), das Charly Böck 2015 mit angestoßen hat und seitdem mitorganisiert. Und er bietet Workshops an und tritt oft selbst auf.
Seit 1990 ist Böck selbstständiger Musiker: "Das war von Anfang an mein Ziel, um genügend Freiraum für Kreativität zu haben." Er ist musikalischer Weltreisender, Klang- und Rhythmussammler von der Karibik - "1991 habe ich drei Wochen Unterricht auf Kuba gehabt" - bis nach Afrika und Asien. Ebenso lange weiß er andere zu begeistern. Er begleitet Gruppen und Bands (2000 bis 2019 Late Night Band der Jazztage Ingolstadt), gründet eigene Bands (Latin Project 2005, Guataca Latin Trio 2016), sogenannte Projects, "um etwas gemeinsam zu entwickeln" (2019 Handpan meets Kora, 2020 Handpan meets Kora meets Flute mit Anita Merei und ihren Hirtenflöten). Und tritt mit diesen auf. "Ohne Gig kein Musiker, keine Band". Und produziert Alben. Wie mit der Harfenistin Kasia Lewandowska, aus dem das Album "Fresh Orange" Anfang der 2000er entstand. Darauf erstmals die ungewöhnliche Kombination von (Klassik-)Harfe und den Percussion-Instrumenten Handpan, Udu und Cajón. Allen Alben gleich: Die CD-Cover gestaltet der Maler Matthias Schlüter. Entstanden ist diese Zusammenarbeit auf einer Vernissage Schlüters, bei der Charly Böck auf Einladung des Kulturreferats spielte. Entstanden ist die Liebe zu Percussion des 1958 in Geisenfeld geborenen Böck 1976. "Als FOS-Schüler in Ingolstadt war ich fasziniert von der Bongo-Trommel." Die ebenfalls aus Kuba stammenden Congas folgten. Autodidaktisch war er zunächst unterwegs, nahm Unterricht in München und stellte es auf professionelle Füße.
Der Erfolg war schnell da von München über Ingolstadt und darüber hinaus, wo Percussion und Weltmusik gefragt sind. Der Jazz Award Ingolstadt 1995 war eine Wegmarke. Seit dessen Umwandlung in den Jazzförderpreis der Stadt Ingolstadt ist er in der Jury tätig und tritt mit den Söhnen Töchter Ingolstadts - gegründet 2014 - auf wie im November 2021. "Die Gründung war eine Idee gemeinsam mit Jan Rottau, Programmleiter der Jazztage. Sie sollten nach dem Vorbild der Söhne und Töchter Mannheims Talente der Region in Deutschland und international bekannt machen. " Seit 2016 leitet Böck die Gruppe.
Denn er hat ein untrügliches Gespür für Menschen und Talente, was er mit der Fortbildung zum Drum Circle Facilitator auf professionelle Beine stellte, ist vernetzt in der Szene, immer auf der Suche nach neuen Klängen und Instrumenten. Und unterrichtet: am Freien Musikzentrum München, an Volkshochschulen, mit Workshops für Firmen, Einrichtungen oder Vereine wie dem Kunst-Werk im Klenzepark (KiK). "Es geht langsam wieder an", sagt Charly Böck, der wie andere Kulturschaffende seit zwei Jahren ausgebremst wurde. Glück habe er gehabt, dass er 2019 ein gutes Jahr abschließen konnte, bevor der Lockdown 2020 begann.
Jetzt, Anfang 2022, spürt er die Bedeutung des Unterrichts: "Die Teilnehmer sind zu meinen Konzerten gekommen, haben mit Bekannten darüber gesprochen. Das war mir so nicht bewusst." Gut war in Ingolstadt der Kultursommer 2021, bei dem er auch mit Sambapito präsent war. Jener aus 30 Laientrommlern bestehenden Gruppe, die sich 1992 zur Landesgartenschau im Klenzepark unter diesem Namen offiziell gründete und seitdem "das Publikum zum Tanzen bringt". "Die Stücke sind selbst arrangiert aus Ideen, die ich in Drum-Circles als Aufgabe gebe. Ich höre, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer machen und arrangiere neu." Nach 30 Jahren haben die nur noch bedingt etwas mit den Samba-Bands des Karnevals im brasilianischen Rio de Janeiro zu tun. "Wir haben unsere eigene Kultur, unsere eigene Folklore", sagt Charly Böck. "Wenn wir wie angedacht beim Stadtfest im Sommer auftreten, machen wir die 30 Jahre voll."
Bis dahin ist der Percussionist weiter unterwegs mit anderen Musikerinnen und Musikern. "Es gibt in der Musik die Philosophie, dass es eine menschheitsübergreifende Ur-Melodie und sogar Ur-Rhythmen gibt." Wer nicht warten will: Am 19. Februar in Attenkirchen (Landkreis Freising) tritt er mit der chilenischen Sängerin Isabel Casas und Nueva Vista mit kubanischer Musik auf.
DK
Barbara Fröhlich
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