Dietfurt
"Was bin i jetzt froh, dass i jetzt da bin"

Kabarettistin Martina Schwarzmann begeistert ihr Publikum mit Anekdoten aus dem eigenen Leben

11.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:42 Uhr
Die Kabarettistin Martina Schwarzmann begeisterte ihr Publikum in Dietfurt mit ihrem bayerischen Humor. −Foto: Hradetzky

Dietfurt (DK) Mit ihrem neuen Programm "genau richtig" hat Kabarettistin Martina Schwarzmann ihre Zuschauer "genau richtig" begeistert. Sie sorgte für ein zweistündiges Dauergelächter in der bis zum letzten Platz gefüllten Dreifach-Sieben-Täler-Turnhalle.

Gleich, als die freche Oberbayerin im Blümchenkleid mit roter Trachtenjacke, strengem Dutt und der Gitarre fröhlich gelaunt die Bühne betritt, zollt ihr das Publikum tosenden Applaus. "Griaßt's Eich! Schee, dass ihr da seids!", freut sich die dreifache Mutter, die bei ihrem neuen Programm wieder einmal aus dem eigenen turbulenten Alltag erzählt. "Was bin i jetzt froh, dass i jetzt da bin", betont Schwarzmann gleich in ihrem ersten Lied und beteuert, dass sie für das Dietfurter Publikum sogar den Infoabend des Frauenbunds ausfallen hat lassen und trotz ihrer fruchtbaren Tage die Reise in die Sieben-Täler-Stadt angetreten habe.

Ihre Themen sind bunt gemischt: Da geht es um das Hintenherum-Gerede von Weiberstammtischen, wie dort über die eigenen Männer hergezogen wird, um einen betagten Zuschauer, der beim Schwarzmannschen Programm wieder mehr über das Bumsen hören will, um skurrile Thermomix-Versprechen, die eingelöst werden, wenn es im Bett wieder läuft, es geht um die Unvollkommenheiten der eigenen Kinderschar, welche die Erfolgskabarettistin als "meine minderjährigen Mitbewohner" bezeichnet, um das viel zu frühe Aufstehen und um Rückblicke in die eigene Kindheit. "Heut bin ich nicht mehr so unbeschwert, greife aber gern auf Konfliktlösungsstrategien von früher zurück, wie lügen, verstecken oder abhauen," verrät Schwarzmann. Zum Beispiel nutze sie gerne mal eine Notlüge und schiebe Omas Durchfall bei übermäßigem Olivenölkonsum vor, wenn es darum geht, einen Olivenöl-Händler abzuwimmeln.

"Das Zentrum von meinem Saustall ist mein Schreibtisch. Ich habe eine richtige Formularallergie."

Martina Schwarzmann

 

Schwarzmann zögert nicht, ihre Griffe aus der Trickkiste dem Publikum zu verraten, etwa dann, wenn der schwäbische Kartoffelhändler vor der Haustür steht und verkaufen will: "Dann spiele ich mit meinen minderjährigen Mitbewohnern immer das "1,2,3 Kartoffel-Schwab-Versteckspiel", tönt sie. Wenn der Kartoffel-Schwab sich dann vom Acker gemacht habe, schlüpfen alle wieder aus ihrem Versteck. Auch vom Plan, ein hochwertiges Herrenhemd in der Großstadt zu kaufen - und dies in Begleitung vom Göttergatten und der dreiköpfigen Rasselbande -, erzählt Landei Schwarzmann und lobpreist hier die Abhau-Strategie. Der Kauf eines "gescheiten" Hemds gehe schnell in die Hose, denn die Bedingungen für ein gelungenes Resultat stünden auf keinem guten Stern: da wäre das seit Stunden nicht gewickelte Baby, welches schon in einer halben Fangopackung liegt und "saftelt", Kind zwei, das mit den halbnackten Kunden in den Kabinen gerne das Kuckuck-Versteckspiel spielt, sowie Kind drei, das seine Rotzglocke im grün-karierten Hugo Boss Hemd loswird. Da stehe das "Schnell-Abhauen" als primäre Lösungsstrategie im Vordergrund.

Faszinierende Einblicke liefert Schwarzmann, selbst im oberbayerischen Dialekt sprechend, auch in die sprachlichen Missverständnisse, die zwischen Bayern und Preußen abermals vorkommen. Schwarzmann versichert ihrem Publikum, dass sie nun im Alter viel toleranter geworden sei und sich somit viel Arbeit erspare, wie sie am Beispiel ihrer neuen Toleranz gegenüber Schnecken demonstriert. Früher habe sie mitten in der Nacht die Schnecken im Gemüsebeet ausgerottet und "heute baue ich einfach mehr an, nämlich das, was die essen, dann san mir die Viecher wurscht", posaunt die Altomünsterin.

Weiter plaudert sie aus dem Nähkästchen und beichtet dem Publikum ihren Hang zur Unordnung: "Das Zentrum von meinem Saustall ist mein Schreibtisch. Ich habe eine richtige Formularallergie", lautet ihre Selbstdiagnose und gelobt aufgrund ihres Alters noch Besserung: "Wenn i jetzt 95 Jahr alt wär, da rentiert es sich nicht mehr, da stirb i mi raus aus meinem Saustall," findet sie. Und gleich darauf trällert sie das nächste Lied über die eigene Mittelmäßigkeit: "I bin so mittelalt, mittelgescheit, mittelschee, so wia die meisten Leit", und bringt dazu Beispiele aufs Tableau. Sie singt vom überflüssigen Vorratskauf von Ketchupflaschen, die ohnehin schon im Regal stehen und erklärt: "I könnt speiben, wenn mir beim IBAN-Code-Ausfüllen zwei Kasterl übrigbleiben."

Nach der Pause geht es wieder authentisch und hochkarätig weiter. Schwarzmann gesteht geraderaus und unverblümt, dass sie gerne eine Punkband namens "Die heißen, weißen Radisalzer" gründen möchte, wenn sie mal alt ist. Auch, dass das Fensterputzen immer an ihr hängen bliebe, erfahren die Zuschauer. Ebenso von der mysteriösen Internetbestellung ihres Mannes, einem "Packerl", das zunächst einen amourösen Inhalt vermuten habe lassen, enthält schließlich doch nur die praktischen Filzuntersetzer für die Stühle im Esszimmer.

Fehlen im Programm darf auch nicht das Liebeslied, das Schwarzmann extra für ihren Ehemann geschrieben hat. Für ihren Ehemann, der es schafft, sie immer wieder zum Lachen zu bringen, etwa dann, wenn er sich seinen Zehen anschlägt. "Wenn du nicht da bist, lieb ich dich am meisten", frohlockt sie. Bis ins kleinste Details schwatzt Schwarzmann über das Thema Kindererziehung: Sie möchte ihre minderjährigen Mitbewohner zur Selbstständigkeit erziehen: "Bei uns steht in jedem Kinderzimmer ein Wäscheständer und jeder kriegt einen Kübel mit seiner nassen Wäsche und muss sie dann selbst aufhängen", witzelt sie und unterhält ihr Publikum auf ausgezeichnete Weise.

Dann dreht es sich um die Bequemlichkeit so mancher Familienmitglieder, frische Unterhosen anzuziehen, um Geschwisterliebe im Allgemeinen und um Krampfadern und Cellulitis im Besonderen. Minuziös beschrieben wird auch ein misslungener Toilettengang im Sanyfair-WC einer Raststätte, der aufgrund des "Im-Stehen-Bieselns" schier in einer Katastrohe endet. Freilich darf auch ihr psychedelisches Roadmovie nicht fehlen, in dem Schwarzmann mit einem Hüpfball und einem Hamster in der Tasche auf der Verdistraße unterwegs ist und von Polizisten gestoppt wird.

Mit viel Tiefgang und Sprachwitz geht es im Programm weiter, auch im Beratungslied "Wer vögeln will, muss freundlich sein, mehr is goar net" wird mit Ratschlägen zur Steigerung der sexuellen Aktivität nicht gespart. "I kann heit noch a Zugabe spielen, weil i grad net schwanger bin und net stillen muss. Is also egal, wann ich meine Brüste heimtrage", verabschiedet sich die preisgekrönte Kabarettistin dann schließlich von ihren Fans, bei denen sie sich für ihr Kommen bedankt.

Schwarzmann spielt mit "Jetz bin i miad, jetz mog i mei Ruah!" noch ein letztes nachdenkliches Lied, in dem sie Facebook & Co abschwört und beteuert, ganz bei sich zu sein. Das Publikum nimmt bei allem Humor auch viel Tiefgründiges mit nach Hause, damit hat Schwarzmann alles "genau richtig" gemacht.