Wolfsburg (DK
VW-Ermittler tappen im Dunkeln

US-Anwälte von Jones Day finden offenbar keine Antwort, wer für den Abgas-Skandal verantwortlich ist

15.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:57 Uhr

Wolfsburg (DK) Alle haben dieselbe Frage - doch bisher hat niemand eine Antwort: Wer ist schuld am Abgas-Skandal bei VW? Die Umstände der Geburtsstunde für die Manipulations-Software in elf Millionen Dieseln liegt weiter im Dunkeln. Seit Monaten beißen sich die Ermittler die Zähne aus.

Auch fast sieben Monate nach dem Auffliegen des Diesel-Skandals herrscht bei VW nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur keine endgültige Gewissheit über den Ursprung der illegalen Abgas-Software. Die vom VW-Aufsichtsrat beauftragte US-Kanzlei Jones Day hat bei ihren Ermittlungen bisher nicht vollständig klären können, wie es zum Einsatz des Betrugsprogramms kam. Der Verstoß lässt sich derzeit nur auf Abteilungen und verschiedene Personen eingrenzen, nicht aber in der Kette der Geschehnisse restlos rekonstruieren.

Ausschließen kann Jones Day bislang eine Mitschuld des Vorstands um Ex-Chef Martin Winterkorn. Das erfuhr die dpa aus voneinander unabhängigen Quellen. Ein VW-Sprecher sagte am Freitag in Wolfsburg: "Wir können uns nicht zu den Untersuchungen von Jones Day äußern." Damit ist trotz Ermittlungen noch immer offen, ob nun einzelne VW-Entwickler aus eigenem Antrieb heraus den fatalen Fehler begingen - etwa weil sie ihren Ingenieurstolz verletzt sahen - oder ob sie womöglich doch auf direkte Anweisung handelten.

Die Kanzlei wollte dem sogenannten Diesel-Ausschuss des VW-Aufsichtsrats ihren umfangreichen Zwischenbericht eigentlich schon am 10. April vorlegen. Das Treffen fiel jedoch aus. Inzwischen hat der Stand der Aufklärung den Diesel-Ausschuss verlassen und ist als zentrales Thema wieder im erweiterten Kreis der VW-Kontrolleure angekommen.

VW hatte wiederholt erklärt, sich bis spätestens Ende April zur Schuldfrage zu äußern. Dieser "substanzielle Bericht" sollte darlegen, wie die Ereignisse um den Einsatz des Betrugsprogramms abliefen und welche Abteilungen und Hierarchien eingebunden waren.

Die Ergebnisse der dpa-Recherchen erhärten eine Einschätzung, die sich bereits Anfang März abzeichnete. Damals verfasste der Konzern eine juristische Erwiderung auf Anlegerklagen, die dem Vorstand um Winterkorn eine Mitschuld unterstellten. In dem vertraulichen Schriftsatz argumentieren die VW-Anwälte, dass der gesamte Vorstand erst wenige Wochen vor dem öffentlichen Bekanntwerden der Affäre im September 2015 von den Manipulationen wusste. "Die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, wurde von VW-Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen des Bereichs Aggregate-Entwicklung getroffen."

Unterdessen sackt der Pkw-Absatz der VW-Kernmarke Volkswagen immer weiter ab. Im März lieferten die Wolfsburger Autobauer weltweit 543 700 Pkw mit dem VW-Logo aus - 2,7 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Damit liegen die Verkaufszahlen im 1. Quartal mit knapp 1,46 Millionen Pkw um 1,3 Prozent niedriger als im ersten Vierteljahr 2015. Der Konzern insgesamt setzte im März 967 100 Autos ab (minus 0,2 Prozent). Im 1. Quartal bleiben die Verkäufe mit 2,5 Millionen Autos aber noch mit 0,8 Prozent im Plus.