Hilpoltstein
Vorzeigeprojekt an der Kolpingstraße

Regens Wagner baut Mehrfamilienhaus, das zwölf behinderten Menschen ein eigenständiges Leben ermöglichen soll

21.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:02 Uhr

Neue Pläne für den alten Bau an der Badergasse haben Norbert Müller, Schwester Gerda und Architekt Klaus Thanner (v. l.) - Foto: Bader

Hilpoltstein/Zell (HK) Das erste Haus in Mittelfranken für betreutes Wohnen von gehörlosen Menschen entsteht an der Hilpoltsteiner Kolpingstraße. Hier baut Regens Wagner ein Mehrfamilienhaus, das zwölf behinderten Menschen ein weitgehend eigenständiges Leben ermöglichen soll.

Gehörlosen über die Wohngruppen hinaus ein selbstständiges Leben zu ermöglichen, steht schon lange im Fokus von Regens Wagner Zell. Ziel ist, dass die Behinderten weitgehend ohne fremde Hilfe auskommen. „Sie haben ihre eigene Wohnung, in der sie vom Einkauf über den Hausputz bis hin zum Kochen alles selbst organisieren“, erklärt Norbert Müller, stellvertretender Leiter von Regens Wagner Zell. In dem neuen Haus müssen sich die Menschen aber „nicht mehr nach den Wünschen in einer Wohngruppe richten, sie haben dann ihren eigenen Rückzugsbereich und können ihre Freizeit ganz nach ihren Wünschen verbringen“, sagt Regens-Wagner-Chefin Gerda Friedel.

Um den Behinderten diese neue Tür zu öffnen, braucht Regens Wagner kleine und vergleichsweise günstige Wohnungen in Hilpoltstein und Umgebung. Zwei Paare und drei alleinstehende Behinderte haben bereits in Mietwohnungen eine neue Bleibe gefunden. Doch Regens Wagner steht vor einem Problem: „Es gibt einfach nicht genug passende Singlewohnungen in Hilpoltstein“, sagt Schwester Gerda. „Was zur Verfügung steht, sind meist nur noch größere und damit teuere Wohnungen.“

Um weiteren behinderten Menschen den Weg in die Eigenständigkeit zu bieten, gab es nur eine Lösung: „Wir müssen eben selbst bauen.“ Nach einigen Vorbereitungen liegt jetzt der Plan für ein Mehrfamilienhaus mit zehn Appartements vor. Rund 550 Quadratmeter Wohnfläche stehen insgesamt zur Verfügung, 40 bis 45 Quadratmeter hat eine einzelne Wohnung mit Schlafzimmer, Bad und einem kombinierten Wohnzimmer- und Küchenbereich. Da auch zwei Paare in dem Haus unterkommen sollen, gibt es zwei größere Wohnungen von 65 Quadratmetern.

Rund 1,2 Millionen Euro nimmt Regens Wagner für das neue Gebäude in die Hand. Die hohe Summe und die Ungewissheit, ob der ausgegebene Betrag jemals wieder erwirtschaftet werden kann, forderte viel Überzeugungsarbeit beim Stiftungsrat. Nicht zuletzt, weil Schwester Gerda dort selbst vertreten ist, „habe ich es geschafft“. Allerdings gab es auch eine Zielvorgabe: „Es soll langfristig null auf null aufgehen.“

Als Platz für das Gebäude hat Schwester Gerda das Grundstück hinter der Sparkasse gewählt. „Hier steht zwar ein älteres Gebäude, aber es hat eine sehr schlechte Bausubstanz“, sagt sie. Regens Wagner hat nicht nur dieses Grundstück bekommen, sondern auch noch einen Streifen entlang der Sparkasse, so dass auch Platz für ein paar Parkplätze bleibt.

„Das Gebäude wird sich gut in die Innenstadt einfügen“, verspricht der Hilpoltsteiner Architekt Klaus Thanner, der das Mehrfamilienhaus geplant hat. Damit sich das vergleichsweise große Gebäude gut in die Umgebung einfügt, ist die vordere Fassade in der Mitte geteilt. „So entsteht der Eindruck von zwei kleineren Gebäuden, so wie sie in der Hilpoltsteiner Innenstadt üblich sind.“ Schwester Gerda und Klaus Thanner hoffen, dass die Arbeiten noch heuer beginnen. „Zumindest der Abriss des alten Gebäudes ist geplant“, so Thanner. „Im Frühjahr soll es dann mit dem Neubau losgehen.“

Welche Bewohner von Regens Wagner Zell letztlich einziehen, steht noch nicht fest. „Wir müssen sehr genau hinsehen, wer von unseren Bewohnern alleine leben könnte“, sagt Norbert Müller. „Damit wir das herausfinden, bekommen alle in der Wohngruppe immer wieder wechselnde Aufgaben, müssen zum Beispiel waschen oder einkaufen“, sagt er. Zusätzlich kommen einige Bewohner auch von selbst auf Müller mit dem Wunsch zu, in eine eigene Wohnung ziehen zu dürfen. „Dann können sie in einer Einrichtung auch einige Zeit alleine leben, um für sich selbst herauszufinden, ob sie es können“, sagt er.

„Für Regens Wagner ist es einfach ein weiterer Schritt in die moderne Behindertenarbeit“, betont Schwester Gerda Friedel. „Und für unsere behinderten Menschen ist es ein Schritt zu einem freieren, selbstbestimmten Leben.“