Herrnsberg
Vor Verfall und Vergessen bewahrt

Willi Pfaller aus Herrnsberg hat Marterl renoviert Andenken an Schreinermeistergattin Franziska Stuffler

17.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:02 Uhr

Foto: DK

Herrnsberg (HK) Wer kennt Franziska Stuffler? Wohl nur die wenigsten Menschen, schließlich musste sich der Spaziergänger bisher schon sehr bemühen, um etwas von ihr zu erfahren. Sie ist nämlich seit mehr als 100 Jahren tot, nur ein kleines Marterl bei Herrnsberg erinnert an sie. Obwohl auch das schon alt ist, erstrahlt es neuerdings in neuem Glanz, Willi Pfaller sei Dank. Er hat das kleine Denkmal renoviert.

Mehr als hundert Jahre war das etwa ein Meter hohe Marterl Wind und Wetter ausgesetzt gewesen. Die Natur hinterließ ihre Spuren, Moos, Flechten und Schmutz haben sich angesetzt. Der Stein aus Beton ist grau und schwarz geworden, die Inschrift auf der mittigen Steinplatte kaum noch zu entziffern. Vermutlich war oben auf dem dachförmigen Stein ein kleines Metallkreuz angebracht.

Etwa 500 Meter von der Abzweigung an der Wehrtechnischen Dienststelle Greding nach Herrnsberg steht rechts am Straßenrand dieser Gedenkstein. Unzählige Menschen gingen an dem Marterl vorbei, ohne zu ahnen, was sich einst Tragisches zugetragen hat. Auf der Steintafel ist folgender Text eingemeißelt: "Hier an dieser Stelle fand den Tod durch Erfrieren die ehrengeachtete Frau Franziska Stuffler, Schreinermeistersgattin aus Röckenhofen am 13. Februar 1901 im 56. Lebensjahr. Herr gib ihr die ewige Ruhe." Möglicherweise hatte sie sich auf dem Heimweg im Schneetreiben verirrt, war vor Erschöpfung eingeschlafen und erfroren. Vom Schnee zugedeckt wurde sie an dieser Stelle gefunden.

Der Gredinger Chronist Karlheinz Richter weist auf ein Protokoll des königlichen Amtsgerichts Greding hin. Dort heißt es, man fand Frau Stuffler - jedoch am 16. Februar 1891 morgens um siebeneinhalb Uhr. Es ist anzunehmen, dass das Protokoll des Amtsgerichts die richtige Jahreszahl angibt. Vermutlich wurde das Marterl zum zehnten Todestag 1901 aufgestellt und die Jahreszahl auf dem Stein ist falsch wiedergegeben. Der Gedenkstein stand bis zum Neubau der Ortsverbindungsstraße auf der nördlichen Seite der heutigen Straßenführung. Er wurde dann an den jetzigen Standort versetzt.

Marterl sind Zeichen des Andenkens an einen Toten, der außer Haus jäh und unvorhersehbar sein Leben verlor. Sie werden an jener Stelle gesetzt, wo sich der Tod des Unglücklichen ereignete. Manche Heimatkundler zählen zur Kategorie "Marterl" auch Sprüche und Bilder als Zeichen der Dankbarkeit und Freude, wie sie an Kreuzen und Votivtafeln anzutreffen sind; so etwa am Kreuz am Euerwanger Bühl, an der Votivtafel in der Lindener Wallfahrtskirche oder am Kreuz an der Straße von Mettendorf in Richtung Kinding.

Marterl gehören zur Gruppe der Kleindenkmäler. Sie sind im Gredinger Stadtgebiet wie im ganzen Land verbreitet und erzählen sowohl Landesgeschichte als auch die Geschichte der Menschen. Woher der Begriff "Marterl" stammt, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Das Wort könnte sich von der Marter ableiten, sie kommt aus dem Griechischen. "Martyros" bedeutet übersetzt so viel wie "(Blut)zeuge". Wobei sich Marter weniger auf das Leid des Verunglückten bezieht, sondern vielmehr auf das Martyrium Christi. Man fand aber auch Zusammenhänge mit Grabmälern frühchristlicher Märtyrer. Der Ausdruck "Marterl" wird mancherorts auch als Sammelbegriff für ziemlich alle Arten von Flurdenkmälern verwendet.

Seit einigen Jahren lässt sich ein gesteigertes Bewusstsein für den Wert dieser historischen Zeugenobjekte beobachten. In jüngerer Zeit präsentieren so manche Orte mit Stolz ihre schön erhaltenen oder restaurierten Kleindenkmäler, auch als Angebot im Rahmen des Fremdenverkehrs. Ebenso werden Orts- und Wanderkarten, Heimatbücher und Prospekte von Gemeinden aufgelegt. In Greding ist der Flurdenkmälerweg in Heimbach ein Beispiel dafür. Landrat Herbert Eckstein unterstützte dieses Anliegen tatkräftig für den Landkreis Roth mit der Herausgabe des neuen Buches "Kleindenkmäler im Landkreis Roth - Schätze unserer Fluren", das es im Buchhandel und im Landratsamt zu kaufen gibt. Allenthalben gibt es sachkundige Führungen und Wanderungen mit ehrenamtlichen Heimatkundlern in den Gemeinden des Landkreises, insbesondere durch die Kreisheimatpflegerin Eva Schultheiß.

In diese Reihe des Engagements reiht sich auch Willi Pfaller ein. Er hat sich mit großer Hingabe der Reinigung und Erhaltung des Marterls bei Herrnsberg angenommen. Jetzt macht es wieder einen ansehnlichen Eindruck.