Wernfels
Von Wernfels nach Madagaskar

Manfred Dorschner war einst echter "Seebär" und lässt zu Hause in eine maritime Welt blicken

28.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:30 Uhr

Wernfels (lkm) Seine Brötchen hat sich der Wernfelser Manfred Dorschner in seinem Berufsleben als Maschineneinsteller verdient. Seine Stimme erhoben hat er als streitbares Mitglied des Spalter Stadtrats (SPD). Doch tief in seinem Herzen ist er eigentlich ein echter "Seebär".

Ende der 60er und anfangs der 70er Jahre war er auf den Meeren der Welt unterwegs. Eine Zeit, die in zahllosen Sammler- und Erinnerungsstücken wieder auflebt. "Wasser und Meer haben mich schon immer interessiert", sagt der heute 75-Jährige. Die maritim eingerichteten Räume auf seinem Anwesen spiegeln diese Vorliebe trefflich wieder.

Da tummeln sich Meeresbewohner verschiedenster Art, ein echtes Haifischgebiss ist zu bestaunen, an dem man sich auch heute noch verletzen kann, falls man es unachtsam berührt - die Zähne haben nichts von ihrer Schärfe verloren. Eine ganze U-Boot-Flotte, Flaschenschiffe oder originale Positionslampen lassen hier das Seemannsherz höher schlagen. Letztere "kann man in Hamburg kaufen wie bei uns Autoteile", weiß Dorschner. Das Geweih eines majestätischen Wasserbüffels prangt an der Wand der Werkstatt, die er akribisch durchsortiert hat. Als Seefahrer weiß er, wie wertvoll Platz ist und dass auch das kleinste Raumangebot gut genutzt werden will.

Als Jugendlicher hat er Mechaniker gelernt, dann zog es ihn zur Bereitschaftspolizei. Eigentlich wollte er zur Bundeswehr, doch das blieb ihm verwehrt. Der Hausfrieden hing damals des Öfteren schief, bis er im Alter von 26 Jahren einen folgenschweren Entschluss fasst. "Ich habe mich einfach in den Zug gesetzt und bin nach Hamburg gefahren", sagt er mit einem Lächeln. Durchaus überstürzt, den Reisepass ließ er sich nachschicken. Es folgte die klassische Matrosenkarriere: Als Hafenarbeiter verdiente sich der Franke seine Fischbrötchen. Dann der vermeintliche Absprung in die große weite Seefahrerfeld: "Ich hätte da einen Dampfer für dich", bekam er zu hören. Doch der Ozeanriese erwies sich als Küstenmotorschiff, zudem auch noch chronisch überbeladen. Mit Fracht an Bord "spitzten da bloß noch die Masten aus dem Wasser heraus".

Dorschner ging noch einmal in sich, machte Urlaub zu Hause. Dann zog es ihn wieder in die Ferne. Aber jetzt hatte er einen dicken Fisch an der Angel. Unter der Flagge der Poseidon-Reederei ging es auf hohe See. Unter anderem mit der "Transpacific", bei deren letzter Fahrt nach Neufundland er mit dabei war. Ihr Schicksal? "Sie ist abgesoffen", sagt Dorschner lakonisch. Als rechte Hand des Ingenieurs ging es als dessen Assistent von Schiff zu Schiff, vier Jahre war er in der ganzen Welt unterwegs. Nur ins ganz ferne Asien schaffte er es nicht.

Es galt sich zu entscheiden - für die Liebe oder für den großen Auftrag aus dem Reich der Mitte. Der Seebär setzte die Segel nicht in Richtung Shanghai und landete stattdessen im Ehehafen. Von seiner ersten Frau ist er aber längst geschieden. Mit Ehefrau Grete feierte er jetzt den elften Hochzeitstag. Die Passion ihres Mannes ist ihr in diesem guten Jahrzehnt auch schon mal zu viel geworden. "Immer dann, wenn ich schwer bepackt von einem Trödelmarkt heim gekommen bin", so der Gatte.

Das Ergebnis beeindruckt. Der Hauptraum seiner Sammelleidenschaft zeugt nicht nur von Akribie und Liebe zum Detail, auch die Sinne werden bedient: Es blitzt, eine Schiffssirene ertönt, typische Hafenklänge sind zu hören. Hier ist eine andere Welt, hier gibt es einen Blick auf unerfüllten Träume. Ein Video zeigt Schwimmer, die sich bei den Bahamas zwischen Haien tummeln. Wenn er dort wäre, "würde ich da sofort hinunter tauchen", sagt Dorschner, der sowohl an Parkinson wie an den Folgen einer Brustwirbelverletzung leidet. Er ist dabei kein Sprücheklopfer. Erst vor wenigen Monaten hat er sich wieder einmal aus dem Flugzeug gestürzt, um via Tandemsprung die Welt von oben zu betrachten. Es war sein 16. Erlebnis dieser Art. Ein bisschen Werbung fürs Spalter Bier und den amtierenden Bürgermeister mit CSU-Parteibuch hat er bei der Gelegenheit auch gleich gemacht.

Beim Rafting in der Türkei blühte er ebenso schon auf. Doch all das kann die Seefahrt nicht ersetzen, an deren Zeiten er sehr gerne zurückdenkt. Vom "Rost klopfen" auf seiner ersten Reise bis zum gefährlichen "Kolben ziehen auf hoher See". Der Karabinerhaken an den Hosenträgern hat dabei schon manchem Seemann das Leben gerettet. Und natürlich ging es in den vier Jahren auch gerne mal nach Madagaskar: "Aber die Pest hatten wir nicht an Bord..."

Jürgen Leykamm