Eichstätt
Von Schustern und Schneidern

16.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:47 Uhr

Eichstätt (je) Schuhmacher und Schneider waren einst die mitgliederstärksten Branchen in Stadt und Land. Heute ist das Bekleidungshandwerk nicht einmal mehr der Kreishandwerkerschaft angeschlossen; die Betriebe sind größeren Einheiten angegliedert.

Sehr viel Kleidung wird in asiatischen Ländern hergestellt.

In Dokumenten des Stadtarchivs taucht schon 1825 der Begriff Gewerbeverein für einzelne Sparten auf. Die Geschäftsleute und Handwerksmeister schlossen sich im Mai 1849 zusammen. Den Zweck ihres Vereins meldeten sie der Stadt als Polizeibehörde so: „Besprechung und Förderung gewerblicher Interessen“. In diesem Verein entwickelten sich allmählich die Innungen. Großes Gewicht kam den Schuhmachern zu, waren doch in Eichstätt im Jahr 1891 sage und schreibe 41 Schuster und Schuhwaren-Läden angesiedelt. 1907 waren noch 20 Schuhmachermeister und sechs Schuhwarenläden da.

Doch die neue Zeit kündigte sich an: Franz Albert hatte die erste Schuhfabrik in Eichstätt gegründet. Seine Spezialität waren Tuchschuhe und Stiefel; Filzpantoffeln ließ er im Arbeitshaus Rebdorf herstellen. Über Jahre hinweg bestimmte der Schuhmachermeister Kaspar Meyer das Geschehen im Handwerk und mischte als Mitglied des Stadtrats auch in der lokalen Politik mit. Schon 1913 findet er sich als Vorsitzender des in diesem Jahr gegründeten Innungsausschusses.

Einer, der in Eichstätt in der Werkstätte der Schuhmacherswitwe Maria Götz das Schuhe flicken und „Doppeln“ (neu besohlen) erlernte und dann zu Ruhm als Instrumentalkünstler und Singspieldirektor kam, war der Hans Blädel. Er wohnte in den Jahren um 1885 am Kapellbuck und spielte schon als Jugendlicher mehrere Instrumente. Nach seiner Eichstätter Zeit zog er nach München und machte eine große Karriere. Sein Sohn ist der Schauspieler „Blädel-Schorsch“.

Schon im Oktober 1835 beschlossen die in Eichstätt ansässigen Schneidermeister eine Satzung für ihren „Gewerbsverein“. Kleider, Anzüge, Schürzen und vieles mehr „nadelten“ im Jahr 1891 25 Meister, ihre Gesellen und Lehrlinge. Damals hatten die Bürger freilich schon Gelegenheit in Geschäften einzukaufen. Damen-Konfektion bot Mayer Dachauers Nachfolger an, ebenso Maier Loew, der mit „täglich Eingang letzter Neuheiten“ warb. Damen- und Herren-Konfektion offerierten: Johann Mutzbauer, Josef Strobl und Franz Sales Hofer und andere. Eine Reihe von Geschäften bot Stoffe und Kurzwaren für Schneider und zum Selbstschneidern an. Dazu gehörte auch Hermann Tietz, zunächst in der Westenstraße, später am Domplatz, woraus das große Kaufhaus „Hertie“ hervorging. In der Statistik von 1927 sind noch 19 Schneidereien aufgelistet, obendrein 21 Näherinnen.

Die Arbeit der Gefangenen im Arbeitshaus Rebdorf und der Verkauf von Kleidung und Schuhen war für die Schneider und Schuster eine gefährliche Konkurrenz. Sie riefen im Jahr 1900 den Landtagsabgeordneten Anton Zimlich zu Hilfe und schickten eine Petition an den Landtag, Maßarbeit zu verbieten. Geholfen hat das nichts, denn 1912 sandte Schneidermeister Ludwig Jenuwein erneut einen Beschwerdebrief. Insbesondere beklagte er, dass die Anstaltsschneiderei Maßanzüge um 6,20 Mark verkaufte.