Ingolstadt (DK) Auf literarische Flohjagd begaben sich Marion Ruisinger und Manfred Schuhmann mit einer hochamüsanten, knackig-kurzen Lesung, die es in sich hatte. Denn da knackten nicht nur die Flöhe im Feuer, es ging auch zur Sache bei der Flohhatz unter Damenröcken und Talaren.
Die Lesung gehörte zum Rahmenprogramm der aktuellen Sonderausstellung „Flöhe im Museum“ des Deutschen Medizinhistorischen Museums, für die am morgigen Dienstag ab 12 Uhr wieder eine einstündige Führung angeboten wird. Flohliteratur fiel sozusagen als Nebenprodukt der Ausstellung an. „Ich war erstaunt, wie witzig, erotisch und frech die Literatur mit dem Floh umgeht“, schickte die Museumsleiterin voraus, begnügte sich jedoch mit der Moderation. Die Texte selbst müsse ein Mann lesen – einer mit klangvoller Stimme und Humor. Denn meist geht es um einen voyeuristischen Blick auf Frauen, die bekanntlich besonders flohgeplagt waren. Das kann Schuhmann aus eigener Erfahrung bestätigen, wie er am Rande der gut besuchten Veranstaltung erwähnte: Während er selbst verschont blieb, machte seine Frau während einer Reise an der türkisch-iranischen Grenze Bekanntschaft mit den Blutsaugern, was in 37 Flohbissen auf ihrem Oberschenkel endete. Anno 1834 plagten Flöhe offenbar auch Männer, wie Gustav Nicolai in seinem Reisebericht „Italien, wie es wirklich ist“ als „Warnungsstimme für alle, die sich dahin sehnen“, in drastische Worte kleidet. Von „zudringlichen Bettlern, scheußlichen Speisen, Habgier der Menschen und Schwärmen von Flöhen“ ist da die Rede, was den Aufenthalt in Italien zur Plage mache. Nicolai verdarben die Tierchen sogar ein Ballett in Florenz, das zwar alle Erwartungen übertraf, jedoch nicht wirklich genossen werden konnte, weil zeitgleich Flöhe „lebhaftes Ballett auf meinem Körper vollführten“. Das unfreundliche Bild Italiens blieb natürlich nicht unkommentiert und so holte ein deutscher Floh, der die Reise mit Gustav Nicolai mitgemacht haben will, anno 1836 in einem Schreiben an eine italienische Wanze zum ebenso humorigen Gegenschlag aus.
Viel gewaltigere Schläge teilte Pater Ambrosius anno 1620 in „Ein Dutzend artlicher Gleichnis mit dem Jesuiter und Floh“ aus. Beide, Jesuiten und Flöhe, ziehe es zu „Frauen und Jungfrauen“ hin, gemein seien ihnen nicht nur die schwarze Farbe, sondern auch die Liebe zu Frauen und ihre unsittliche Vermehrung.
Köstlich auch Otto Zaunschliffers juristische Abhandlung zum Floh aus dem Jahr 1684. Was tun, wenn ein Floh die Stadtmauer überspringt? Darf ein Herr auf dem Körper seiner Magd auf Flohjagd gehen? Oder darf die Todesstrafe am Floh durch Ertränken im Nachttopf oder Aufspießen mit einer Nadel vollzogen werden? Zaunschliffers Satire einer wissenschaftlichen Abhandlung wurde erst erfolgreich, als sie später Goethe zugeschrieben wurde – nach dessen Tod, als er sich nicht mehr wehren konnte.
Artikel kommentieren