Gerolsbach
"Von einer Million zur nächsten gestolpert"

Die Kosten für die Schulsanierung steigen rapide an die Ursachen sind oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen

13.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:39 Uhr

In diesem Schmuckstück ist der Wurm drin: Hausmeister Günter Kreitmair, Bürgermeister Martin Seitz und Schulleiterin Patricia Häuslinger (v. l.) vor einer Wand im Eingangsbereich, die aus Brandschutzgründen kurzfristig verstärkt werden musste. Die Außenfassade lässt sich wegen der vielen Wandvorsprünge kaum sinnvoll dämmen. - Fotos: Hofmann

Gerolsbach (SZ) "Früher war das ganz toll" - das ist der Standardsatz von Bürgermeister Martin Seitz und Hausmeister Günter Kreitmair bei einem Schulhausrundgang mit der Schrobenhausener Zeitung. Dessen Anlass ist allerdings nicht die Würdigung der 80er-Jahre-Architektur - sondern die Schäden am Gebäude, die bald in den zweistelligen Millionenbereich gehen dürften.

Keine Frage: Die Gerolsbacher Grundschule, 1985 eingeweiht, ist noch immer ein Schmuckstück. Man darf nur nicht genauer hinsehen. Zum Beispiel im Klassenzimmer der 2 b. Da steht ein kleiner, aber leistungsstarker Heizofen. "Bei zehn Grad minus draußen wird's drinnen nicht mehr warm genug", weiß Bürgermeister Martin Seitz. "Da hat's dann 14 Grad in der Früh", ergänzt Hausmeister Günter Kreitmair. "Manchmal ist das schon ganz schön frostig da herin", berichtet auch Lehrerin Karin Letscher. Doch man nehme es, wie es ist: "Wir ziehen uns halt wärmer an." Im Sommer ist die Situation offenbar nicht wirklich besser: "Das Problem, das wir im Winter haben, haben wir dann auch", sagt Kreitmair: "Da sind's dann 30 Grad". Auch das sieht Lehrerin Letscher locker: "Da schauen wir, dass wir rausgehen."

Um das Raumklima zu verbessern, wären einige Sachen zu erledigen: neue Fenster, neuer Sonnenschutz, neue Außendämmung, neue Heizung. Da stapeln sich dann schon die ersten paar Millionen. Die Fenster, die 1984 eingebaut wurden, sind zweifach verglast - "für die damalige Zeit eine gute Qualität", meint Seitz. Manche schließen nicht mehr richtig, dann muss Hausmeister Kreitmair basteln, denn Ersatzteile gibt es nicht mehr. Neue Fenster fürs ganze Gebäude kosten rund eine Million Euro.

Ein ganz eigenes Problem ist die Wärmedämmung. Wegen der vielen Wand- und Dachvorsprünge lasse sich das Schulgebäude kaum, wie es sinnvoll wäre, von außen dämmen, erklärt Seitz. Das gesamte Dach müsste abgerissen werden - dann bliebe nicht mehr viel übrig von der Schule. Eine Dämmung an der Innenseite der Mauern wäre für Seitz nur eine absolute Notlösung - das verlagere den Taupunkt nach innen, die Folge könnte Schimmelbefall sein.

Und dann ist da die Heizung. "Die könnte jeden Tag ausfallen", sagt Seitz. "Tut sie auch teilweise", verbessert Kreitmair trocken. Kurz darauf stehen beide im Technikraum im Keller: "Das muss alles raus", sagt Seitz beim Blick auf die Heizungsanlage. Kreitmair deutet auf drei Pumpen, die nicht mehr funktionieren: "Die kann ich nicht mehr wechseln, das System gibt's nicht mehr." Vollständig ausgewechselt werden müssten auch die Heizungsrohre im gesamten Gebäude. Kosten, an die zuvor niemand gedacht hätte, "aber das ist gesetzlich so vorgegeben", erklärt Seitz. Im Grunde müsse man das Schulhaus entkernen und alles neu verlegen.

Nicht nur nach Öl riecht es im Keller, der direkt an die Turnhalle grenzt, sondern auch nach Moder. Die Wände sind am Sockel gelblich - das deutet auf Feuchtigkeit hin. Ob die von der Turnhalle kommt oder der Keller selbst von unten Feuchtigkeit zieht, wissen Seitz und Kreitmair nicht. Klar ist allerdings: Unter der Turnhalle steht das Wasser - das kann man sogar sehen, wenn man die Bodenhülsen für die Sportgeräte öffnet. Der Dämmstoff ist hier schon verfault. "Das ist auch ein Hauptproblem", seufzt Seitz: "Wir wissen nicht, wo das Wasser herkommt." Die nötige Sanierung des Turnhallenbodens sei bei den aktuell auf acht Millionen Euro geschätzten Sanierungskosten auch noch gar nicht mit dabei.

Als sich die Gerolsbacher Gemeinderäte im Sommer 2015 das Gebäude und die daneben liegenden Sportanlagen ansahen, gingen sie noch davon aus, dass der Schulkomplex mit einer mittelgroßen Sanierung für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte wieder auf Vordermann gebracht werden könnte. Grob geschätzt zwei Millionen Euro sollten dafür ausgegeben werden. Doch dann schaute man unter Böden, hinter Wände, über Zimmerdecken, stellte fest, dass es für vieles keine Ersatzteile mehr gibt, dass anderes den Vorschriften nicht mehr entspricht und bei einer Generalsanierung ersetzt werden müsste. "Da sind wir dann von einer Million auf die nächste gestolpert", erzählt Seitz: "Bei acht Millionen habe ich gesagt: Stopp! Wir müssen umdenken. Was kostet eine neue Schule"

Mit dieser Frage hatten sich die Gemeinderäte schon kurz vor Weihnachten beschäftigt. Die Kosten für einen Neubau dürften 13 bis 15 Millionen Euro betragen - das sind wohl nur noch wenige Millionen Euro mehr, als für eine Generalsanierung benötigt würden.

Die Frage ist nun: eine mehrjährige Sanierung (bei der Klassen in Container ausgelagert werden müssten) oder für nur wenige Millionen Euro mehr gleich ein Neubau? "Ich bin da emotionslos", betont Seitz. Die Entscheidung sollen im Mai die Gerolsbacher Bürger direkt treffen - das hat der Gemeinderat bereits im Dezember beschlossen.

Zuvor wird es Informationsveranstaltungen geben. Dann wird Seitz die Kosten, die Fördermöglichkeiten und den möglichen Zeitplan vorstellen. Und natürlich darauf hinweisen, was neben den hier beschriebenen Aufgaben noch alles gemacht werden muss. Zum Beispiel ein Laubengang rund um das Gebäude als zweiter Fluchtweg, eine Fußbodenheizung im Erdgeschoss, ein Aufzug (wegen der Barrierefreiheit), ein Anbau für Mittagsbetreuung, Lehrerzimmer und Schulverwaltung, den aktuellen Anforderungen entsprechende Brandschutztüren, Windschutzeinhausungen an den Eingängen, eine neue Lüftungsanlage für die Umkleiden im Sportbereich, eine Entwässerung für den Fußballplatz, eine neue Tartanbahn, . . .