Von der Leyens Offensive

Kommentar

10.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:50 Uhr

Wie soll es weitergehen mit der Bundeswehr, was soll sie leisten, und wie soll sie das alles schaffen? Antworten auf diese Fragen versucht das Verteidigungsweißbuch 2016 der Bundesregierung zu geben.

Doch warum auf dessen Veröffentlichung und die anschließende Diskussion darüber warten? Für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen - Meisterin der vorpreschenden Pressekonferenz - ist ohnehin klar: Die Bundeswehr muss größer werden, die 2011 festgelegte Obergrenze von 185 000 Soldaten soll weg. Die Begründung lieferte die Ministerin schon im vergangenen Dezember: Wenn die Welt weiter so hohe militärische Anforderungen an Deutschland stelle, müsse die deutsche Politik eben auch "im Personalkörper" fähig sein "nachzusteuern". Übersetzt heißt das: Wenn wer auch immer nach Bundeswehrsoldaten für immer neue Auslandseinsätze ruft - ohne dass ein Ende der alten in Sicht ist - oder ausgerechnet die osteuropäischen Nato- und EU-Partner Solidarität einfordern, um gegenüber Russland militärische Stärke zu demonstrieren, dann wird sich eine Ursula von der Leyen nicht verweigern.

Also mehr Personal für die Bundeswehr. Immerhin sollen diesmal - jedenfalls nach dem Wunsch der Ministerin - die neuen Dienstposten wirklich bei der Truppe entstehen und nicht in aufgeblähten Stäben. Aber die Truppe braucht dann eben auch Ausrüstung, und die gilt zu oft als veraltet oder unzulänglich. Sogar die Standardwaffe, das Sturmgewehr G 36, macht nach Angaben des Verteidigungsministeriums in heißen Ländern Probleme. Ländern wie Mali, Irak, Afghanistan oder Somalia also, in die deutsche Soldaten geschickt werden. Am anderen Ende des Rüstungsspektrums gelten heute Drohnen als unverzichtbar für moderne Streitkräfte. Die Bundeswehr hat drei Heron-1-Drohnen, geleast von einer israelischen Firma. Die sind derzeit aber in Afghanistan unverzichtbar, sodass die 400 deutschen Soldaten, die ab kommendem Juli im brandgefährlichen Mali eingesetzt werden, vollends ohne unbemannte Flugzeuge auskommen müssen.

Immerhin soll ab 2025 eine eigene Kampfdrohne zum Zug kommen, gemeinsam entwickelt von der deutschen, französischen, spanischen und italienischen Rüstungsindustrie. Wirklich glauben mag man daran nicht. Denn auch wenn die jetzige Verteidigungsministerin 2013 mit dem Versprechen angetreten ist, mit ihr werde bei der Beschaffung alles besser, zeigt das sich abzeichnende Debakel um das neue Transportflugzeug Airbus A 400 M, dass Zusagen der Rüstungsindustrie mit größter Vorsicht zu genießen sind. Um schwere Waffen nach Afghanistan transportieren zu können, musste die Bundeswehr ukrainische Flugzeuge mieten. Wenn sich Frau von der Leyen mit ihrer "Überall-dabei-Politik" durchsetzt, könnte daraus leicht ein Dauerauftrag werden.