Pfaffenhofen
Von der Leine gelassen

Hundehalter steht wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht will den Geschädigten aber noch nie gesehen haben

17.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:48 Uhr

Pfaffenhofen (em) "Er hat mich mit der Hundeleine auf offener Straße geschlagen" - "Das stimmt nicht, ich war da gar nicht, ich kenne diesen Mann nicht und habe ihn nie gesehen". Zwei gegensätzliche Aussagen um einen angeblichen Neujahrsspaziergang mit einem großen Hund im Landkreis Pfaffenhofen beschäftigen derzeit die Amtsrichterin Lena Paschold im Amtsgericht Pfaffenhofen.

Es geht um den Vorwurf einer gefährlichen Körperverletzung mittels eines "Werkzeuges" - gemeint ist hier die Hundeleine.

Manfred M. (Name geändert) hat einen großen, schwarzen Hund, mit dem er gern spazieren geht. So war das auch am 1. Januar. Er ging durch die Straßen, am nahegelegenen Sportplatz vorbei. Bei dieser Aussage des Angeklagten trat die erste Abweichung gegenüber der Anklage auf. Denn dort war von anderen Straßen die Rede. Dann sollen Herrchen und Hund einen Passanten getroffen haben. Und diese Begegnung hatte Folgen - wenn sie denn stattgefunden hat.

Der nicht angeleinte Hund lief angeblich auf den Passanten zu und soll ihn angesprungen haben. Dabei stand wohl der Hund auf den Hinterpfoten und richtete sich so weit auf, dass Hundekopf und Menschenkopf in etwa einer Höhe gewesen sein sollen - bei 60 Zentimeter Schulterhöhe des Hundes. Der Passant fühlte sich angegriffen, trat nach dem Hund, erwischte ihn jedoch nicht. Doch da kam schon das Herrchen an, umkreiste den Passanten und zog ihm - angeblich - mit der Hundeleine kurz mal eins über die Schulter. "Die Hundeleine war aus Leder", sagte der Geschädigte im Zeugenstand aus. Doch schränkte er diese Aussage gleich wieder ein. "Es hat sich nach Leder angefühlt, ich meine, es war Leder." Tatsächlich präsentierte der Hundebesitzer der Amtsrichterin jedoch eine geflochtene Leine aus Stoff. Ob allerdings diese Leine tatsächlich das Schlaginstrument war, blieb offen.

Es blieb jedoch laut Anklage nicht bei diesem Schlag mit der Leine. Denn der Hundebesitzer dem Passanten auch noch mit voller Wucht einen Faustschlag an die Schulter verpasst haben. Doch der Angeklagte schüttelte den Kopf: "Das war ich nicht. Ich kenne diesen Mann nicht, ich war nicht in dieser Straße an dem Tag. Ich habe ihn nicht gesehen." Alles sei frei erfunden. Doch der Zeuge blieb dabei: "Er ist mir in mein Gesicht gesprungen." Zwei Tage lang habe er Schmerzen gehabt. "Seit diesem Vorfall gehe ich nicht mehr diese Straße entlang." Er sei sich ziemlich sicher, dass es eine Lederleine war: "Stoff spürt man ja nicht so stark." Die Staatsanwaltschaft präsentierte eine Zeugin, die von einem ähnlichen Vorfall mit dem gleichen Hund berichtete: "Er hat meinen Hund angefallen." Der Angeklagte habe sie zu Boden geworfen, und zwar so heftig, dass sie, nach nunmehr 15 Monaten, noch immer krankgeschrieben ist: "Meine Schulter ist kaputt, da bin ich draufgefallen. Ich kann nicht mehr arbeiten." Sie hatte einen Strafprozess gegen Manfred M. angestrengt, dieser Prozess endete mit einer Einstellung gegen Zahlung einer Geldbuße. Allerdings läuft da noch ein Zivilprozess vor dem Ingolstädter Landgericht, es geht um Schmerzensgeld und Schadensersatz im fünfstelligen Bereich.

An dieser Stelle bat der Verteidiger Maximilian Strohmayer um eine Verhandlungspause: "Ich möchte Beweisanträge stellen." Nach über 30 Minuten hatte er dann fünf Anträge formuliert: Vier Schriftsätze drehen sich um weitere Zeugenvernehmungen, die die Unschuld des Angeklagten beweisen sollen. Mit dem fünften Antrag will die Verteidigung jedoch von einem Sachverständigen geklärt wissen, ob ein Mensch einen Schlag mit einer Lederleine von einem solchen mit einer Stoffleine unterscheiden kann. Ob damit die Glaubwürdigkeit des Zeugen erschüttert werden soll, bleib offen. Nach den Anträgen setzte die Richterin den Prozess aus. Er wird vom Amts wegen neu aufgerollt und beginnt dann wieder von vorn.