Von der Fahrradwerkstatt zur High-Tech-Schmiede

23.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:38 Uhr

Amerikanische Linienführung in der Zeit des Wirtschaftswunders: Auto Union 1000 SP Coupé vor der Kongresshalle in Berlin. - Foto: oh

Ingolstadt (peh) Mit dem Buch "Vier Ringe – Die Audi-Geschichte" ist jetzt zum 100-jährigen Bestehen das neue Standardwerk schlechthin erschienen. Auf annähernd 400 großformatigen und reichhaltig bebilderten Seiten wird in der repräsentativen Chronik wirklich alles vermittelt, was man über das Automobilunternehmen mit den vier Ringen wissen muss.

Anlass für das Werk ist der runde Geburtstag des jüngsten Mitglieds der Audi AG. Im Jahr 1909 etablierte August Horch nach einem Streit mit der Firma, die er zehn Jahre zuvor selber gegründet hatte, ein neues Unternehmen, das ebenfalls Horch hieß – nur auf Lateinisch. Die beiden weiteren Ringe symbolisieren das frühere Zschopauer DKW-Werk und die Chemnitzer Autoschmiede Wanderer. 1932 wurden während der damaligen Wirtschaftskrise die vier Werke zusammengeschlossen: Die Auto Union war geboren. NSU kam erst 1969 hinzu – ohne einen eigenen Ring.

Das hervorragend gemachte Buch zur Geschichte der Audi AG beginnt bereits im Jahr 1885, als mit einer Reparaturwerkstatt für Fahrräder in Chemnitz der Grundstein für die Wanderer-Werke gelegt wurde, und reicht bis ins die Gegenwart. Die gut 120 Jahre dazwischen sind gut verständlich und sinnvoll gegliedert, die Firmengeschichte wird in die allgemeine politische und wirtschaftliche Entwicklung eingebettet. Den Autoren ist dabei das Kunststück gelungen, den Leser nicht mit Details zu überfrachten, sondern ihm das Wissen mit auf den Weg zu geben, das er zum bequemen Verständnis benötigt.

Jeder der drei Abschnitte bis 1945 (1899 bis 1918, 1919 bis 1932 und 1932 bis Kriegsende) ist in sich noch einmal nach den vier Automarken unterteilt. Das luftige Layout ist ungemein leserfreundlich: Zahlreiche großflächige Fotos und zeitgenössische Plakate wechseln sich ab mit Detailaufnahmen und erschließen das Wesentliche. Zeitleisten und Fotorubriken für den schnellen Überblick bündeln die wichtigsten Informationen des jeweiligen Abschnitts.

Wer die Mühe des Lesens scheut, kann sogar ausschließlich anhand der aussagekräftigen Bilder die Geschichte von Audi Revue passieren lassen. Allerdings werden ihm dabei viele wertvolle Informationen verloren gehen. Die Detailgenauigkeit der Autoren ist kaum zu überbieten und vor allem für technisch Interessierte eine wahre Fundgrube. Darin weniger versierte Leser werden freilich eventuell sogar etwas überfordert sein, wenn es beispielsweise um die Probleme des Ladepumpenmotors der DKW-Sonderklasse geht.

Auch für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die bewährte Gliederung beibehalten. Die Zeit des Wirtschaftswunders wird im Kapitel bis zum Jahr 1964 behandelt. Ein eigener Abschnitt ist natürlich auch NSU gewidmet. Eine Zäsur war Mitte der 60er Jahre, als VW die Mehrheit übernahm und die Zweitakt-Ära auslief, eine weitere Mitte der 80er Jahre, als aus der Audi NSU Auto Union AG die Audi AG wurde. Die Jahrtausendwende stellt schließlich ebenfalls einen Schnitt in der Geschichte der vier Ringe dar. Vor allem in den letzten Kapiteln erhalten der Rennsport, die Produktion und das kulturelle und sportliche Engagement des Unternehmens ein größeres Gewicht. Abgeschlossen wird das Buch durch die Lebensläufe aller Vorstandsvorsitzenden (auch der Vorgängerfirmen) und einer Übersicht über alle jemals gebauten Typen.

"Vier Ringe – Die Audi-Geschichte": Edition Audi Tradition, 368 Seiten, etwa 1000 Fotos und Abbildungen, Delius Klasing Verlag Bielefeld, ISBN 978-3-7688-2578-8, 29,90 Euro.