Ingolstadt
Vom Terror nicht regieren lassen

Festveranstalter stellen sich trotz Sicherheitsfragen der Herausforderung erste Absage in Eichstätt

27.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Ingolstadt/München (DK) Festzeltbetreiber, Polizei und Kommunen stehen nach den jüngsten Bluttaten vor schwierigen Aufgaben. Etliche Veranstaltungen stehen in Sicherheitsfragen auf dem Prüfstand, vom Barthelmarkt in Oberstimm bis zur Münchner Wiesn. In Eichstätt gab es die erste Absage.

Die Hofmühlbrauerei in der Altmühlstadt ließ gestern wissen, dass sie ihr traditionelles Brauereifest heuer ausfallen lässt. Die Verantwortlichen begründeten diesen Schritt damit, dass ihnen der Aufwand für die Sicherheit zu hoch sei. Die Reaktionen in sozialen Netzwerken ließen nicht lange auf sich warten. "Danke Frau Merkel. ,Wir schaffen das'", schrieb jemand. "Das ist genau die falsche Antwort auf das, was zurzeit passiert. Genau das ist es, was sie wollen. Dass wir Angst haben!", merkte ein anderer an.

Herbert Nerb, Bürgermeister von Manching, sorgt sich ebenfalls um die Sicherheit, wenn es um den am 26. August beginnenden Barthelmarkt im Ortsteil Oberstimm geht. Aber deshalb absagen? "Ich habe mich gleich am Montag mit den zuständigen Abteilungen in der Gemeinde zusammengesetzt und besprochen, was wir tun können." Ein Brief ans Innenministerium mit der Bitte um mehr Polizeipräsenz auf dem beliebten Volksfest ist nur die erste Reaktion. "Es gibt bereits ein weitreichendes Sicherheitskonzept, das müssen wir nun anpassen", sagt Nerb. Er will Polizei und Einsatzkräfte zu einer Konferenz zusammenholen und Einzelheiten besprechen. So viel kann der Bürgermeister schon jetzt sagen: "Das Gelände einzäunen, um mehr Kontrolle zu haben, geht nicht. Das wäre viel zu teuer. Wir haben in den letzten sieben Jahren schon rund 500 000 Euro Verlust gemacht."

Lorenz Stiftl ist Festwirt auf dem Barthelmarkt und auf dem Münchner Oktoberfest. Er sorgt sich wegen der immer höheren Auflagen. "Ich befürchte, dass die Feste im Land mit der Zeit weniger werden, weil die Veranstalter immer mehr Kosten tragen müssen. Irgendwann rentiert sich das nicht mehr." Er begrüßt ein allgemeines Rucksackverbot für Festbesucher. "Ins Fußballstadion darf ich auch nichts mitnehmen, das funktioniert", sagt Stiftl.

Wiesnwirtesprecher Toni Roiderer pflichtet ihm nur bei: "Wir lassen schon seit fünf Jahren keinen mit Rucksack ins Zelt, ohne Probleme. Was braucht der Besucher schon? Er soll Hunger, Durst, gute Laune und Geld mitbringen, da braucht's keinen Rucksack. So teuer ist die Wiesn auch wieder nicht." Diese Woche solle ein Sicherheitsgespräch zur Wiesn stattfinden, hat er gehört. Roiderer vertraut der Polizei und den Fachreferaten der Stadt. "Das sind alles Pragmatiker und Leute, die sich bestens auskennen."

Gut 400 000 Euro pro Wiesn gibt allein Roiderer, einer von 36 Festwirten beim Oktoberfest, für den Ordnerdienst aus. "Wenn die Experten sagen, dass es noch mehr Sicherheitspersonal oder ein Zaun sein muss, dann ist es eben so", bleibt er nach 27 Jahren als Festwirt gelassen.

Weniger gut gelaunt zeigte sich gestern Edmund Radlinger als Vorsitzender des Münchner Schaustellervereins. Am Morgen hatte er aus dem Rathaus erfahren, dass der diese Woche geplante Auftakt zur Auer Jakobidult und zum Impark-Sommerfestival wegen des Trauerakts für die Amoklaufopfer jeweils auf nächsten Montag verschoben wird. "Nicht, dass wir keinen Respekt vor den Toten hätten, aber wenn schon allgemeine Trauer angesagt ist, dann für alle gleichermaßen. Andere Veranstaltungen finden am Wochenende aber trotzdem statt", schimpfte er. Das Thema Sicherheit hält er durchaus für wichtig. "Das darf aber nicht ausufern, sonst regulieren wir uns noch zu Tode. "

Rund um Ingolstadt wurde bis auf das Hofmühlfest bisher keine einzige Veranstaltung abgesagt. "Wir tun alles, damit die Menschen solche Feste besuchen können und ihren Spaß haben. Dazu werden wir die Präsenz erhöhen, wollen aber nicht überreagieren", erklärte der Ingolstädter Polizeichef Peter Heigl. "Bei allen Überlegungen muss sichergestellt sein, dass Besucher und Lieferanten nicht zu sehr eingeschränkt sind."