Vom Spaßmacher zum Partisanenjäger

Tobias Mayer ist auf den Filmfestspielen in Cannes zu sehen

18.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:28 Uhr

Nazischerge mit Gewissensbissen: Den kriegsmüden Wehrmachtoffizier Lange mimt der Pfaffenhofener Schauspieler Tobias Meyer im französischen Spielfilm „Bir-Hakeim – le Maquis des Patriotes“ von Regisseur Baptiste Ménage (Bild oben, rechts). Der Streifen, der einen Partisanenkrieg thematisiert, wird bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes gezeigt. - Fotos: J. Sirvins

Pfaffenhofen (DK) Es ist schon beklemmend, was im Spaßmacher von nebenan so alles steckt: Der Pfaffenhofener Comedian und Schauspieler Tobias Mayer mimt einen tiefgründigen Nazischergen im französischen Historienfilm „Bir-Hakeim – le Maquis des Patriotes“. Dieser wurde jetzt damit geadelt, dass er bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes, die bis 27. Mai dauern, gezeigt wird. Zwar außerhalb des Wettbewerbs und unter vielen in der „Short Film Corner“, aber immerhin: Es zur Königin der Filmfestivals zu schaffen, davon wagt nicht jeder Filmemacher zu träumen. „Das ist eine andere Hausnummer – damit habe ich nicht gerechnet“, sagt Mayer ein klein bisschen hin und weg. „Mir war nicht bewusst, was die Rolle bedeuten könnte.“

Denn mit eben dieser Rolle des Wehrmachtsoffiziers und Partisanenjägers Lange, der bei seinem Kampf gegen französische Volkshelden hin und her gerissen ist zwischen nationalsozialistischem Gehorsam und militärischem Ehrgefühl, dürfte Mayer einen Meilenstein seiner Karriere geschafft haben. Er will beweisen, dass er als gelernter Schauspieler auch abseits seines Steckenpferds, der Komik, erfolgreich sein kann.

Doch Mayer wäre nicht Mayer, wenn er den Ausflug ins ernste Fach nicht auch gleich humoristisch verwerten würde. Er will wider jede Vernunft nach Cannes. Eine Eintrittskarte hat der chronisch mittellose Künstler nicht, auch keine Presseakkreditierung, vom Geld ganz zu schweigen. Dafür hat er einen Bus, ein Akkordeon und mit Marian Witzel einen französisch sprechenden Kameramann, der das Wagnis unter dem Titel „Mayer can Cannes“ dokumentieren soll.

Zu seiner Rolle im 40-Minüter „Bir-Hakeim“ ist Mayer übrigens gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. „Fünf Tage vor Drehbeginn war die Hauptrolle des Hauptmanns noch nicht besetzt“, erzählt Mayer. Ein Deutscher sollte es sein. Jeder in der Crew hat seine deutschen Bekannten angerufen und nach Schauspielern gefragt. Irgendwann klingelte bei Mayer das Telefon. Er schickte dem Regisseur ein Foto. „Und dann ging’s auch gleich los.“ Station eins: militärischer Haarschnitt – „schön gescheitelt“. Zehn Tage war Mayer im vergangenen September am Set in Südfrankreich, Schnellkurs für Französisch mit Akzent inklusive. „Ich konnte ja keinen Brocken Französisch.“

Die Geschichte des Autorenfilms, der in Frankreich durchaus Beachtung findet und von öffentlichen Stellen und Militärvereinen gefördert wurde, beruht auf wahren Begebenheiten: Die Partisanen der Widerstandsbewegung Bir-Hakeim, die sich bei Montpellier in den Bergen verschanzt haben, sind von den deutschen Besatzern eingekesselt. Der Wehrmachtshauptmann Lange soll sie aufspüren und töten. Der Offizier vom alten Schlag, der noch in den Moral- und Ehrvorstellungen des Kaiserreichs verwurzelt ist, kämpft gegen Gewissensbisse, weil er eigentlich die Dorfbewohner und die teils noch jugendlichen Widerstandskämpfer, die sich ergeben, verschonen will. Doch der Druck der Waffen-SS wird größer: Lange exekutiert die Bir-Hakeim-Kämpfer.

Ein 70-köpfiges Filmteam um den Nachwuchsregisseur Baptiste Ménage hat diese Ereignisse in Szene gesetzt. „Für seine Anfang 20 hat er eine super Arbeit geleistet“, findet Mayer, der auf das Projekt sehr stolz ist. Seine Rolle sieht er zwar als Gegenspieler der Franzosen, aber keinesfalls als klassischen Bösewicht oder stereotypen Nationalsozialisten. „Der Hauptmann ist ein Mensch und überzeugter Familienvater – aber es ist Krieg, da ist es seine Aufgabe, Leute zu töten“, erzählt Mayer. Die akkurat recherchierte Geschichte des Kriegsfilms, der an Originalschauplätzen bei La Parade gedreht worden ist, hat den Pfaffenhofener stark beeindruckt. Einmal musste er in einer Drehpause in Wehrmachtsuniform vor einem Gedenkstein mit den Namen der Widerstandskämpfer warten. Das sei sehr emotional gewesen: „Ich spiele die Rolle des Mannes, der sie alle exekutiert hat“, habe er sich gedacht.

Für den Pfaffenhofener war die Arbeit an „Bir-Hakeim“, vom Einsprechen einzelner Textpassagen in einem Münchner Tonstudio abgesehen, nach den Dreharbeiten beendet. Das französische Team um Ménage hat aber noch bis vor zwei Wochen an der Postproduktion gearbeitet, damit der Streifen bis zu den Filmfestspielen fertig wird. An der Côte d’Azur mit dabei sein will dann auch Mayer. Möglich machen das Sponsoren aus Pfaffenhofen. Eine Firma stellt ihm für das Roadmovie etwa den Kleinbus samt Benzin, ein Gasthof stattet diesen als kleines Hotelzimmer aus. „Dann kann es ja losgehen nach Cannes“, freut sich der Schauspieler, diesmal wieder ganz der Spaßmacher. „Das wird ein Abenteuertrip!“

Vier Tage lang will sich das Gespann nach Südfrankreich durchschlagen, sich dort aufs Filmfestival einschleichen und täglich im Internet über die Reise berichten. „Ich will da rein“, beteuert Mayer. „Und wenn ich mich in Kochklamotten werfe und durch die Küche schleiche.“ Wer Mayer noch als Sponsor unterstützen will – Cannes ist ein teures Pflaster –, kann sich über die Facebook-Seite „Tobias Christian Mayer“ oder per E-Mail an info@tobmayer.de an ihn wenden.