Bergheim
Vom Sockerer und vom Kürmbzäuner

Bergheimer Dorfgemeinschaft will alte Hausnamen wieder einführen - Bürger zeigen Interesse

03.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:48 Uhr
Tradition: Michael Kaufmann (l.) und Kreisheimatpfleger Manfred Veit (r.) zeigten den Teilnehmern der Informationsveranstaltung zu Hausnamen, zwei mögliche Schildermodelle. Am Ende fiel die Entscheidung auf Emaille-Schilder (nicht im Bild). −Foto: Hammerl

Bergheim (DK) Anstelle eines politischen Vortrags hatte sich die Dorfgemeinschaft Bergheim mit "Hausnamen" ein historisches Thema ausgesucht. Ziel war, das Interesse der Bürger an Schildern für ihre Hausnamen auszuloten. Steffi Sauerlacher moderierte den Abend mit etwa 30 Zuhörern.

Michael Kaufmann ließ nach dem Vortrag von Kreisheimatpfleger Manfred Veit eine Liste mit den Namen von Bergheimer Hausbesitzern mit Hausnamen herumgehen. Hier konnte jeder eintragen, ob er Interesse an einem Hausnamenschild hat und gegebenenfalls eine Korrektur des eigenen Hausnamens vornehmen will. Zur Auswahl stehen verschiedene Modelle in Blech, Emaille, Keramik oder Plattenkalk sowie diverse Schriftarten, die Kaufmann vorstellte. Wunsch der Dorfgemeinschaft sind einheitliche Schilder. "Zahlt das die Gemeinde?", fragte ein Zuhörer, worauf Kaufmann meinte, mit Bürgermeister Tobias Gensberger und dem Gemeinderat sei eventuell über einen zehnprozentigen Zuschuss zu reden.

Am Ende hatten sich 20 Hausbesitzer eingetragen, 70 Prozent entschieden sich für das Emaille-Schild wie es in Irgertsheim zu sehen ist. Das wird in Einzelbestellung 90 Euro, als Sammelbestellung möglicherweise nur 60 Euro kosten. Das soll nun den anderen Hausbesitzern in Bergheim angeboten werden. Insgesamt sind 63 Hausnamen bekannt.

"Jackl heißt er, Kratz schreibt er sich und der Muchl is er", begann Veit seinen Vortrag, um die Komplexität der Hausnamen zu umschreiben. Manche änderten sich schnell, andere blieben lange stabil, meinte er und gestand, das Gasthaus zum Löwen als Veranstaltungsort habe er nicht gekannt, "bei mir war das der Bräu" - doch dieser Name stammte wohl noch aus der Zeit vor 1840, seitdem habe der Bergheimer Wirt mehrfach den Hausnamen gewechselt. Hausnummern gibt es erst seit 1808, als die Häuser eines Dorfs einfach durchnummeriert wurden, weil es noch keine Straßennamen gab.

Für seinen Vortrag hatte Veit Beispiele aus Bittenbrunn mitgebracht, wo er intensiv geforscht hat. Funktion, Beruf und Größe der Anwesen fanden Eingang in die Hausnamen, erklärte er deren Entstehung, Beispiele für Funktionsnamen sind Schul- oder Mesnerhaus, Pfarrhaus oder Pfarrhof.

Vier wichtige Berufe im Dorf - Schmied, Müller, Bader und Tafernwirt (größere Wirtschaft) waren die sogenannten Ehaften, die Veit besonders hervorhob. Bergheim hatte keine Tafern, wohl aber die anderen drei Ehaften. Dann gab es Schreiner, Binder, Wagner, Schneider, Weber, Maurer, Schuster, Ziegler, Seiler, Sattler, Sockerer und Kürmbzäuner (Korbflechter). Je nach Größe des Anwesens kam dann noch der Zusatz -bauer, -hof oder auch -gut hinzu, bei Sölden (Kleinanwesen) hieß es eben "Beim.....". Bei Bauern wurden Vornamen (Bartlbauer) oder Familiennamen (Branderbauer) oder die Wirtschaftsform (Schafshof) vorangestellt. In Bergheim hat Veit unter anderem gefunden: Hessbauer, Ziegelbauer, Gasslbauer, Steigbauer, Muchelbauer, Königbauer, Maierbauer - wobei deren Grund mit teilweise nur 20 oder 26 Tagwerk weit unter der Bauerngröße lag. Bei Sölden oder Handwerkern wurden Vornamen, Nachnamen und Beruf entweder miteinander oder mit Zusätzen kombiniert. Als Zusatz diente unter anderem auch die Lage des Hauses. Besonders interessant sind Hausnamen, die aufgrund besonderer Eigenschaften von Haus oder Besitzer erteilt wurden. Als Beispiel nannte Veit "Gescheggete Wald" - dabei handelte es sich um eine Witwe namens Wald in Bittenbrunn, die "Feuermale wie Gorbatschow" hatte. Als Bergheimer Beispiele nannte er "Beim Melberggoaß", "Beim Diermaß", "Beim Savoyer", "Kiermanderl" (Kirm-Anderl oder Kühmanderl), Muchlbauer und Gradler (Grattler).

Besonders oft wechselten die Hausnamen der Kleinanwesen, vor allem, wenn sie nach dem Beruf des Besitzers benannt waren. "Man kann keine Regeln aufstellen", betonte Veit. Probleme bei der Hausnamenforschung machten Namen, die von außerhalb mitgebracht würden, ein Name innerorts von einem Haus zum nächsten wandere oder der Name sich durch Verschleifungen ändert. So kann aus Leonhard und Andreas erst Lienanderl, dann Leander werden, obwohl es nie einen Leander im Ort gab. Manche Namen lassen sich auch nie ergründen. "Es wäre schön, wenn die alte Tradition der Hausnamen wieder aufgenommen würde", sagte der Kreisheimatpfleger abschließend und wünschte "viel Erfolg mit Ihrer Aktion der Hausnamen".

Andrea Hammerl