Vom Ketchup-Ekel nach einem mörderischen Sommer

04.10.2007 | Stand 03.12.2020, 6:27 Uhr

Die Freilichtsaison in Versform nachbereitet: William-Darsteller Walter Ackermann (links) und Benno von Uppsala alias Paul Hofmann feierten als Duo bei der Abschlussfeier ihren zweiten großen Auftritt in diesem Jahr.

Rennertshofen (DK) Und am Ende wurde doch gelacht: Nachdem der Festspielverein Rennertshofen mit "Der Name der Rose" ernste Theaterkost geboten hatte, geriet die Abschlussfeier am Dienstag umso humoriger. Fest steht, dass dem Stück, das im Sommer 4900 Menschen sahen, ein Dacapo beschieden ist.

Wann genau – das steht noch nicht fest, wie Vereinsvorsitzende Elisabeth Bircks in der voll besetzten Musik-Manege erklärte. Aparte Rosengestecke auf den Tischen und eine Bilderpräsentation auf Großleinwand erinnerten an den bewegten Theatersommer, der hinter den Aktiven liegt. Und alle waren sie gekommen, als sich der Kreis knapp ein Jahr nach Aufnahme der Proben bei deftigem Schweinsschäuferl und opulentem Eisbüfett so gesellig schloss: Hildegard Bircks, die 77-jährige Ehrenvorsitzende des Vereins, Regisseur Gundolf Hunner, Chefbühnenbildner Konrad Kulke und sogar der Mann, der durch seine pyrotechnischen Kniffe dem Publikum acht Mal die Illusion vermittelte, dass das Skriptorium bis auf die Grundmauern niederbrennt: Spezialeffektexperte Heinz Ludwig aus Grünwald bei München.

"Ohne ihren Einsatz und ihr Engagement wäre dieses Festspiel nicht möglich gewesen", erklärte eine gerührte Vereinschefin vor weit über 100 Aktiven, die alle ihren Anteil daran hatten, dass sich das Rad der Zeit in Rennertshofen Ende Juli fast 800 Jahre zurückdrehte.

"Der Markt ist stolz auf diesen kulturellen Werbeträger über die Grenzen der Gemeinde hinaus", bekannte in einer verbalen Verbeugung Bürgermeister Ernst Gebert. Der Festspielverein habe fulminant für einen kulturellen Höhepunkt gesorgt, "die Schauspieler haben sich nicht nur mit ihren Rollen identifiziert, sondern diese auch gelebt".

Pikante Hitparade

Dass der Humor nicht auf der Strecke geblieben ist nach diesem intensiven theatralen Abstecher in die Niederungen der Inquisition, ungeschriebenen klerikalen Gesetzen, wonach das Lachen verboten sei, und einem halben Dutzend Bühnenleichen – das bewiesen William von Baskerville alias Walter Ackermann und Paul Hofmann (Benno von Uppsala), die in einer dreiviertelstündigen Revue, eine Art augenzwinkerndes "The Making of", Pannen, persönliche Missgeschicke und andere erheiternde Szenen hinter den Kulissen grandios ans Licht der bald Tränen lachenden Öffentlichkeit brachten. Dieses Derblecken entstammte der spitzen Feder Hofmanns. Ackermann an der Gitarre bereicherte die süffisanten Paarreime seines Kompagnons, die mit traumwandlerischer Sicherheit zwar immer ins Schwarze trafen, jedoch nie unterhalb der Gürtellinie saßen, mit einer textlich abgewandelten "Der Name der Rose"-Hitparade. Angefangen vom Rehm-Song "Theo, was war denn das" über "Mein Gott, William!" bis hin zu "Ein kleiner Italiener", die Hymne auf den teuflisch gut spielenden Mauricio Pirrone in der Rolle des Salvatore. Ein Running Gag galt dem für seinen gestrengen Perfektionismus bekannten Regisseur und Bernardo-Gui-Darsteller Gundolf Hunner: "Bei den Proben, man war sehr erstaunt, der Gundolf war stets gut gelaunt!" oder "Viele taten sich mit den Texten schwer. Sogar der Regisseur." Lachsalven auch für das Sterben des ersten Opfers, das von der Klostermauer plumpst: "Ungefähr 500 Meter tief, wer weiß – wurde berechnet aus der Länge des Schreis". Nach dem vielen Bühnenblut, das zum Leidwesen mancher nicht in Form von Rotwein sondern als Ketchup floss, leide ein Gros der Mönchsdarsteller jetzt an einer chronischen Aversion gegen die rote Sauce. Und weil die Kommunalwahl naht, betrat Hofmann reimend und mit Anspielungen auf Geberts CSU-Gegenkandidaten Matthias Polzer ein Schrittchen weit auch politisches Terrain: "Ernst Gebert, sollte das Unmögliche sein, so nimmt Dich auch der Festspielverein. Du wärst ein guter Abt, des glabst, und den Hans (Wöhrl) machen wir dann zum Papst!" Langer Applaus am Ende dieser hinreißenden Hommage an einen mörderischen Sommer.