Geisenfeld
Viren in der Luft - nach oben abgesaugt

Chefs der Firma Schnittpunkt haben modulare Lösung für Luftreinigung in Räumen mittels UVC-Licht entwickelt

22.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:56 Uhr
Als Entwickler der für Büros oder auch Klassenzimmer optimierten Luftreinigung schauen Erwin Stuiber (links) und Olaf Rautner dem Elektriker Lorenz Frank über die Schulter, wie dieser gerade eine Büroleuchte zusammenschraubt, in der zwei der Reinigungsmodule integriert sind. −Foto: Kohlhuber

Geisenfeld - Sie hängen an Schienen an der Decke oder sind an hohen Ständern befestigt. Die rechteckigen Dinger im Besprechungsraum der Firma Schnittpunkt sehen ein wenig aus wie Lautsprecher-Boxen. Die 50 Zentimeter langen Module haben jedoch eine Funktion, wie sie in diesen Zeiten gar nicht bedeutender sein könnte: Sie befreien die Atemluft in Büros, Praxen oder Klassenzimmern vor eventuell vorhandenen Corona-Viren. Speziell in der Luftabsaugung nach oben sehen die Entwickler einen "markanten Vorteil" ihrer Geräte.

"Ja, unser Büro ist zu einer Art Showroom geworden", sagt Olaf Rautner, einer der beiden Geschäftsführer der Geisenfelder Firma Schnittpunkt, lächelnd. Seit der Gründung vor 20 Jahren führt Rautner gemeinsam mit seinem Kollegen Erwin Stuiber das Unternehmen, das sich auf die Metallbearbeitung mittels Laser spezialisiert hat und rund 150 Mitarbeiter beschäftigt.

Showroom deshalb, weil Rautner und Stuiber hier ihre neueste Entwicklung, Luftreinigung-Module mittels UVC-Licht, in allen ihre Varianten präsentieren. So sind zwei der Kästen (Größe: 500 mal 160 mal 100 Millimeter) sogar in der LED-Leuchte über dem Besprechungstisch verbaut - ohne dass dies groß auffallen würde. Und auch in den Standfüßen der PC-Monitore sind (etwas kleinere) Module integriert, die von vorne die Luft absaugen und diese von Viren befreien. Obwohl beim Besuch der Presse acht Geräte in dem Raum gleichzeitig laufen, ist nur ein leises Summen zu hören.

Die Idee zur ihren Luftreinigungs-Modulen reifte bei den Schnittpunkt-Geschäftsführern heuer im Frühjahr heran - "als sich immer deutlicher herausstellte, welche große Rolle Aerosole bei der Viren-Übertragung spielen", so Erwin Stuiber. Bei der Recherche, wie man die eigenen Mitarbeiter hier schützen könne, sei man auf die UVC-Licht-Technologie gestoßen, die sich ja schon seit Langem bei großen, zentralen Lüftungsanlagen bewährt habe - aber eben bislang nur dort zum Einsatz komme. So etwas müsste doch auch als dezentrale Lösung für Büros, Arztpraxen oder Klassenzimmer möglich sein, dachten sich die beiden Schnittpunkt-Geschäftsführer und begannen zu tüfteln.

Der Grundgedanke: Wie können solche Geräte im unmittelbaren Umfeld der Menschen einen besonders hohen Wirkungsgrad erzielen? Als Antwort deutet Olaf Rautner beispielhaft auf die besagte Leuchte über dem Besprechungstisch. Von den hier verbauten zwei Modulen, die zu etwa 80 Prozent aus Aluminium bestehen, werde die ausgeatmete Luft der Menschen direkt nach oben abgesaugt und gereinigt, "bevor sie sich horizontal verbreiten kann".

Dieselbe Wirkungsweise hätten die an den Deckenschienen montierten oder in die Monitor-Füße integrierten Module. Solche könnten aber genauso auch in abgehängten Decken verbaut werden, ein Konzept für den Einsatz in Aufzügen sei in Arbeit, lässt Olaf Rautner wissen. Durch das modulartige Konzept würden die Aerosole gleich am Entstehungsort ausgeschaltet und nicht, wie bei Standgeräten, erst quer durch den Raum gesogen".

Wie ihre Luftreinigung genau funktioniert (siehe auch den gesonderten Kasten), dazu halten sich die beiden Tüftler verständlicherweise bedeckt - nur so viel: "Die Module saugen die Luft vorne an, führen diese an den nach außen komplett abgeschirmten UVC-Röhren vorbei und blasen sie hinten wieder raus." Jedes Modul für sich könne pro Stunde etwa 50 Kubikmeter Luft reinigen, 99 Prozent der Viren würden dabei abgetötet, versichern die beiden Geschäftsführer, die den Stückpreis für ein Modul mit 615 Euro netto beziffern.

Um ein mit 30 Schülern besetztes Klassenzimmer auf diese Weise virenfrei zu halten, seien etwa acht bis zehn Module nötig, hat Rautner ausgerechnet. Der Stromverbrauch falle mit 400 Watt kaum ins Gewicht, und die Geräte seien so leise, dass das Unterrichtsgeschehen in keiner Weise beeinträchtigt werde. Dies, so Stuiber, könne auch ein Mediziner aus Unterschleißheim bestätigen. "Der Einsatz der Module in dessen Arztpraxis ist quasi unser Pilotprojekt, und die Erfahrungen dort sind rundum positiv."

Für die in Geisenfeld konzipierten Geräte - etwa hundert hat man bereits produziert - ist die Projektentwicklung nunmehr abgeschlossen, "und auch alle notwendigen Prüfungen sind absolviert", erläutert Olaf Rautner. Man könne also in die Vermarktung gehen.

Diese läuft freilich nicht über die Firma Schnittpunkt selbst, sondern über ein neu gegründetes Unternehmen namens "Caereo GmbH" mit Firmensitz in Keltern in Baden-Württemberg. Von dort kommt - neben den beiden Schnittpunkt-Chefs - der dritte Geschäftsführer, der sich ausschließlich um den Vertrieb kümmert. "Wir sind gerade dabei, ein deutschlandweites Netz an Vertriebspartnern aufzubauen", erläutert Erwin Stuiber. Für einen Großteil Bayern habe man einen solchen bereits gefunden - mit der Lichttechnik-Firma Spang in Erding.

Für die Vermarktung sicherlich nicht abträglich ist mediales Interesse, und so freuen sich die beiden Entwickler, dass sich auch das Bayerische Fernsehen für ihr Konzept zur Virenausschaltung interessiert.Am Mittwochvormittag war ein Aufnahmeteam der BR-Rundschau in Geisenfeld, gesendet wird der Beitrag am Freitag entweder um 16 oder um 18.30 Uhr.

Den Dreh mitverfolgt haben vor Ort Bürgermeister Paul Weber, Vize-Landrat Karl Huber und weitere Vertreter des Landratsamtes, in deren Einrichtungen es ja eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten für die Module gäbe. "Mal sehen, wie sich das alles in den nächsten Monaten entwickelt", meint dazu Olaf Rautner, der den ersten Abnehmer im Geisenfeld bereits gefunden hat - die Baufirma Lachermeier. In deren Büro wird wohl noch in dieser Woche ein Modul montiert - und hier nicht nur für reine Luft, sondern auch für ein gutes Gefühl bei den Mitarbeitern sorgen.

VIREN MIT UV-LICHT AUSSCHALTEN

Mit Licht Viren ausschalten - Olaf Rautner erläutert, wie und warum dies funktioniert: Das hier zum Einsatz kommende UVC-Licht sei Teil des UV-Spektrum des Sonnenlichts und für das menschliche Auge nicht sichtbar. "Weil es von der Erdatmosphäre komplett absorbiert wird, kommt es auf der Erdoberfläche auf natürliche Art nicht vor", erläutert der Entwickler, was für das Konzept der "springende Punkt" sei: Aus diesem Grund hätten sich nämlich im Laufe der Evolution keine Lebewesen auf der Erde an dieses UVC-Licht gewöhnen können - "keine Menschen und Tiere, und auch keine Bakterien und Viren". Dieses Licht löse bei den Organismen Schäden aus und mache Viren "kaputt".

Die Technik, Keime mit UVC-Licht zu bekämpfen, sei seit Jahrzehnten bekannt, komme bisher aber nur bei zentralen Lüftungsanlagen, etwa in Krankenhäusern, zum Einsatz, um hier größere Mengen an Umluft zu "entkeimen", also zu reinigen.

kog

Gerhard Kohlhuber