Viktor Orbans Schlappe

Kommentar

03.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Als "Schicksalswahl" hatte Ungarns Regierungschef Viktor Orban das von ihm angestoßene Flüchtlingsreferendum bezeichnet. Dass mit dem Scheitern jetzt sein eigenes politisches Schicksal besiegelt ist, das ist allerdings nur ein schöner Traum.

Orbans Regierung hatte Millionen in eine üble Kampagne gesteckt, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Begleitet wurde der offizielle Propagandafeldzug mit fremdenfeindlichen, bisweilen auch rassistischen Tönen. Aber die Ungarn ließen sich in ihrer Mehrheit davon nicht an die Urnen treiben. Das Referendum ist deshalb ungültig, die Bestätigung für den Volkstribun durch das Volk ist ausgefallen.

Na und? Schließlich hat jeder Rechtspopulist vom Schlage Orbans zwei Lebenslügen. Die erste ist, dass er - und nur er allein - den "Volkswillen" verkörpert und durchsetzen kann. Die zweite Lüge ist, dass er immer Recht behält. Und das soll eben auch dann noch gelten, wenn die erste große Lüge einmal entlarvt wird.

Und so bejubelt die Regierungspartei Fidesz im Chor mit den ungarischen Staatsmedien die Pleite in völliger Verdrehung der Tatsachen als "überwältigenden Sieg", und Orban will das Votum - das es so gar nicht gab - flugs als Verfassungsänderung festschreiben.

Orban, den einige in CDU und CSU immer noch für einen respektablen Politiker halten, pfeift also in der Flüchtlingspolitik nicht nur auf die EU und ihr Solidaritätsversprechen, sondern auch auf den Mehrheitswillen seiner Ungarn und verliert damit den Anspruch demokratischer Legitimation, den jeder Rechtspopulist vor sich herträgt.

Ungarn bleibt bei seinem Regierungskurs der Fremdenfeindlichkeit und damit auf Linie mit den anderen Visegrad-Staaten Polen, Tschechien und der Slowakei, die sich alle zusammen zwar gerne von anderen EU-Staaten mit Milliardentransfers alimentieren lassen, sich aber strikt gegen jede Verteilung der Lasten der Flüchtlingskrise sperren.

Ein Gutes immerhin hat Orbans Niederlage: Gleichgesinnte Regierende werden es sich nun zweimal überlegen, ob sie auch so ein Referendum mit vorgeschalteter Anti-Flüchtlings-Kampagne veranstalten. Orban hatte sich das ausdrücklich gewünscht.