Viehhändlerin mit besonderem Geschmack

16.01.2007 | Stand 03.12.2020, 7:08 Uhr

Schrobenhausen (SZ) Maria Gärtner war eine ungewöhnliche Frau. Im Jahr 1907 ließ sie sich ein ebenso ungewöhnliches Haus errichten: die Gärtnersche Turmvilla an der Regensburger Straße.

Viel ist nicht mehr bekannt über die Frau, der einmal eines der auffälligsten und hübschesten Häuser an der Straße Richtung Ingolstadt gehört hat. Das wenige jedoch, das Mechthild Hofmann über Maria Gärtner in Erfahrung gebracht hat, lässt staunen – vor allem der ausgefallene Beruf der Schrobenhausenerin.

Maria Gärtner war in einer Männerdomäne zu Hause: Sie war Viehhändlerin, genauer Sauhändlerin. Und sie muss eine ungemein selbstständige und selbstbewusste Frau gewesen sein. Ursprünglich stammte sie aus dem südlichen Oberbayern, aus dem Voralpenland bei Weilheim. Mit ihrem Haus in der unteren Vorstadt, wie das damals noch dünn besiedeltes nördliche Schrobenhausen hieß, erfüllte sie sich einen Traum. Vor allem mit dem ins Auge stechenden romantischen Turm und der schön geschwungenen Turmhaube.

Beides war ein Herzenswunsch der Erbauerin Maria Gärtner und macht das Haus, das ansonsten im gleichen Stil erbaut ist wie das Nachbargebäude, zu etwas ganz Besonderem. Ihre Urenkelin Lisa Helmrich erinnert sich, dass die Urgroßmutter unbedingt ein Haus mit einem angebauten Turm haben wollte, als Erinnerung an ihre Weilheimer Heimat.

Im Januar 1907 kaufte Maria Gärtner das Grundstück in der unteren Vorstadt von Georg Maier, der in der Lenbachstraße 18 wohnte. Noch im selben Jahr ließ sie das Wohnhaus Nummer 401 einhalb erbauen sowie außerdem einen Schweinestall, einen Stadel mit Stall und einen rückwärtigen Hofraum anlegen. Schon von den Zeitgenossen wurde der Bau als ungewöhnlich gelungen betrachtet. So berichtet beispielsweise der "Allgemeine Anzeiger" im September 1915 über die "hübsche Gärtnersche Turmvilla".

Auf einem alten vergilbten Foto kann man noch erkennen, dass das Gebäude über der Einganstür ursprünglich mit einem Holzbalkon versehen war. Er ist bereits vor dem Zweiten Weltkrieg wieder entfernt worden. Auch ein großes, auf einen Pfosten gesetztes Taubenhaus im vorderen Garten, wohl ebenfalls eine Erinnerung an Maria Stadlers geliebte Heimat im südlichen Oberbayern, ist dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen.

Ansonsten hat sich die Gärtnersche Turmvilla im Lauf der Zeit kaum verändert. Das schöne Haus wurde stilgerecht renoviert, sein außergewöhnlicher Charakter blieb dabei erhalten. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man den einem oder anderem Unterschied zwischen früher und heute. So beispielweise bei den Fenstern und – erstaunlicherweise – bei den Fensterläden. Diese wurden dem Haus erst spät verpasst, passen sich aber hervorragend in den malerischen Gesamteindruck der Turmvilla ein.