Ingolstadt
Vibrierende Energie - professionelle Show

Highlight-Doppelkonzert: Wellbad und San2 beim Ingolstädter Bluesfest in der Halle neun

14.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:46 Uhr
  −Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Wer nach dieser Band auf die Bühne muss, kann einem nur leidtun.

Wellbad zu toppen ist schier nicht möglich. Zumindest an diesem Bluesfest-Abend im Kulturzentrum Halle neun nicht. Nicht mal San2 & His Soul Patrol schaffen das. Und die haben ja nun, wie man weiß, auch so einiges auf dem Kasten. Man sollte ja bekanntlich über Geschmack nicht streiten und zwei Bands, die derartig unterschiedliche Konzepte vertreten, auch tunlichst nicht miteinander vergleichen. Treten sie wie in diesem Falle bei aber in einem Doppelkonzert auf, tut man es aber unweigerlich eben doch.


Zuerst sind also Daniel Welbat, eine echte "Rampensau" mit unglaublicher Röhre, und seine Band Wellbad an der Reihe. Das Quintett vibriert regelrecht vor Energie, peitscht mit "Young", "The Elephant Man" und "Robbery" einen Kracher nach dem anderen ins erst mal erstaunte und dann restlos begeisterte Publikum, gruppiert sich um einen binnen Minuten durchgeschwitzten Frontman, der einem vorkommt wie Tom Waits auf Speed. Die Band pumpt mit Donnerhall ihre Botschaft dem Publikum in die Weichteile, Wellbat balzt, röhrt und schnaubt sich durch die komplexen aber dennoch mörderisch groovenden Nummern, die Solisten legen sich absichtlich sperrig quer und bieten überraschende Momente zuhauf. Man kann sich nie ganz sicher sein, wie ein Song sich entwickelt, aber eines weiß man ganz genau: Das Ergebnis ist in höchstem Maße spannend, originell und fast schon orgiastisch. Was für ein Druck, welche Dynamik, aber auch welch akribische Perfektion, ohne die das alles nur halb so wirkungsvoll wäre. Dass das neue Album der Band ausgerechnet "Heartbeast" heißt, sagt eigentlich alles.

Daniel Gall alias San2 und seine Band setzen ganz bewusst Showelemente gegen animalische Leidenschaft, geregelte und erwartbare Abläufe gegen überraschende Momente, geglätteten Soul-Sound gegen dreckigen Blues und Blues-Rock, sind mehr smooth als roh und ungeschliffen, eher verlässlich als wagemutig. Ihre ganz persönlichen Hits "Rescue Me" und "Hold On To Me" zünden, ebenso ihre Adaptionen von Steve Miller, Paul McCartney und Billy Preston. Und auch die Balladen sowie der Blues in Gestalt von Jimmy Johnson's "Serve Me Right To Suffer" verfehlen ihre Wirkung nicht. Gall lädt zum Mitsingen ein, redet ausgiebig mit seinen Fans. Wie Wellbad waren auch er und seine Band in den vergangenen Jahren bereits etliche Male beim Bluesfest zu Gast.

Wie damals ist auch dieser Auftritt des gebürtigen Ingolstädters wieder ein Exempel für überaus gelungenes Entertainment auf sehr hohem musikalischem Niveau. Mit der Neuen CD im Gepäck werden Gall und seine personell teilweise umgestaltete Band vermutlich nun vollends durchstarten. Die Voraussetzungen sind also durchaus günstig. Dass sie ausgerechnet bei ihrem "Heimspiel" mit Wellbad auf eine Band treffen würden, die an diesem Abend alles in Grund und Boden spielt, ist Schicksal. Gegen einen Orkan ist man ganz einfach machtlos.

 

Karl Leitner