Verzerrtes Bild

Kommentar

17.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

Angela Merkel in der Klemme: Der Bundesnachrichtendienst (BND) stuft den wichtigsten Partner der Kanzlerin zur Bewältigung der Flüchtlingskrise als Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen ein. Viele der Vorwürfe aus der an die Öffentlichkeit geratenen vertraulichen Bewertung sind nicht neu.

Neu ist allerdings, dass Erdogan erstmals in einem offiziellen Dokument der Bundesregierung als Terror- und Islamismus-Förderer genannt wird. Der Rechtfertigungsdruck steigt, auch in Unionsreihen wird immer lauter nach einer Abkehr von Ankara gerufen.

Dass das Dokument an die Öffentlichkeit gelangte, wird die Partnerschaft nicht leichter machen. Tatsächlich kann durch den BND-Befund ein verzerrtes Bild entstehen: Die Hamas-Unterstützung hat Erdogan zurückgefahren, bemüht sich seit Langem um eine Verbesserung des Verhältnisses zu Israel. Der Terrormiliz IS hat er zunächst das Grenzgebiet überlassen. Inzwischen ist die Türkei selbst mehrfach Ziel blutiger IS-Attacken geworden und schließlich der Anti-IS-Allianz beigetreten. Zur Realität gehört, dass Merkel Erdogan auch weiterhin als Partner braucht. Weder im Irak noch in Syrien und damit in der Flüchtlingsproblematik sind Lösungen möglich, wenn das Band zerrissen wird.