Vertrauensschaden

Kommentar

05.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:11 Uhr

Spionage in der Finanzverwaltung eines Nachbarlandes, der Verdacht einer groß angelegten Spähaktion zum Schutz des Schweizer Banksektors - der Verdacht wiegt in der Tat schwer. Schonungslose Aufklärung ist jetzt das Gebot der Stunde, aber bitte keine Wahlkampf-Schlacht mit Schaum vor dem Mund und erneuten Rufen, die Kavallerie zu unseren Nachbarn ausreiten zu lassen.

Würden sich die Vorwürfe bestätigen und dabei ans Licht kommen, dass die Schnüffelei bis in die jüngste Vergangenheit fortgesetzt worden ist, wäre der Fall anders zu bewerten. Womöglich wird sich aber bei den weiteren Ermittlungen herausstellen, dass die von höchster Stelle verordnete Spionage gegen deutsche Behörden mittlerweile beendet ist. Inzwischen haben die Eidgenossen schließlich eine Kehrtwende eingeleitet, dem internationalen Datenaustausch zugestimmt und für mehr Transparenz gesorgt. Die Regierung in Bern muss jetzt glaubwürdig erklären, dass das Ausspähen von Steuerbehörden in Nachbarländern nicht mehr fortgesetzt wird.

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die langjährige Philosophie der Schweiz im Umgang mit Steuerbetrug in der Vergangenheit. Alles, was zum Aufdecken von Steuersündern führen konnte, wurde als Angriff auf das Geschäftsmodell der dortigen Banken gewertet, mithin als Attacke auf die Schweiz als Ganzes. Jetzt kommt es darauf an, wie die Eidgenossen reagieren. Nur mit einem klaren Bekenntnis zum Kampf gegen den weltweiten Steuerbetrug kann der entstandene Vertrauensschaden ausgeräumt werden. Von Wahlkampf-Kalkül motivierte Attacken aus Deutschland helfen da allerdings nicht weiter.