München
Verstörend gut

Ministry beeindrucken mit krassen Bildern und Sounds im Backstage Werk

09.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:26 Uhr

München (DK) Am Wochenende hatten sie noch in Wacken auf dem größten Heavy Metal-Festival der Welt vor Zigtausenden gespielt, aber heute müssen sich die Industrial-Metaller Ministry in München mit deutlich weniger Headbangern begnügen. Bei sommerlichen Temperaturen und zur Ferienzeit verirren sich nur etwa 500 Fans in die größte Halle des Backstage, aber die bekommen gewaltig was auf die Ohren und die Augen.

Schon am Merchandise-Stand wird die politische Ausrichtung der legendären Krawallmacher klar, gibt es doch "Uncle Al For President"-T-Shirts mit dem Konterfei des bald 58-jährigen Ministry-Sängers Al Jourgensen. Seine Abneigung gegen die republikanische Partei und den aktuellen Kandidaten wird auch im Verlauf der 90-minütigen Show mehr als deutlich.

Um 20.20 Uhr betritt ohne Vorband ein Haufen verwahrlost aussehender Gestalten die Bühne, und dann springt auch Jourgensen an den Mikrofonständer in Form eines skelettierten Vogels, wahrscheinlich eines (amerikanischen) Adlers.

Der druckvolle Mix aus Metal und Industrial zündet sofort und wird durch ausdrucksstarke Bilder auf der großen Videoleinwand hinter der Bühne noch verstärkt. Bereits zum zweiten Song "Punch In The Face" und später immer wieder kommt Trumps Gesicht wenig schmeichelhaft zum Einsatz. Die aggressiven Kracher werden durch Worteinspieler, gerne Originalzitate von George Bush Senior und George W. Bush, weiter verschärft. Zu "LiesLiesLies" werden auch deren Gesichter und das von Osama Bin Laden eingeblendet.

Der treibende Sound, der kurz zuvor das riesige Wacken aufgemischt hat, funktioniert auch im kleinen Münchner Rahmen perfekt. Und er würde das auch ohne optische Unterstützung tun, aber die eingeblendeten Kriegsszenarien oder religiösen Symbole potenzieren den mächtigen Industrial-Metal der bereits 1981 gegründeten US-Truppe. Trotz der schneidenden Gitarrenriffs stehen neben dem Sänger vor allem der Schlagzeuger mit seinen druckvollen Beats und der Keyboarder mit seiner Tastenarbeit und den zahlreichen eingespielten Samples im Vordergrund.

Der gebürtige Kubaner Jourgensen hat heute zwar immer wieder mit dem Mikrofonkabel zu kämpfen, in musikalische oder politische Widersprüche verwickelt er sich aber nie. Im Gegenteil - Attitüde und Aussage werden auch ohne jegliche Ansage mehr als klar. "Wahlkampf" funktioniert also auch ohne große Worte.

In knapp eineinhalb Stunden peitschen Ministry 17 Songs unters Volk, das gegen Ende durchaus in Wallung und Bewegung gekommen ist. Auch die Hitsingles "N.W.O" und "Psalm 69" verfehlen ihre Wirkung nicht. Besonders intensiv geht auch der Drogensong "Just One Fix" in die Eingeweide. Mit einem treibenden Groove, von dem sich auch offensichtlich Rammstein in ihrer Karriere inspirieren ließen.

Den fast schon versöhnlichen Abschluss bildet das eher poppige "Gates Of Steel", eine Coverversion der 70er-Jahre New Waver Devo. Und auf der Leinwand gibt es noch minutenlang bunte und abgefahrene Bilder, als der Sound-Spuk schon wieder vorbei ist.