Urzeit-Krokodil wuchtet sich ins Rampenlicht

04.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:31 Uhr

Bei dem sensationell gut erhaltenen Ctenochasma-Schädel ist nach der langwierigen Feinpräparation nun auch das bürstenartige Reusengebiss sichtbar, mit dem der Flugsaurier vor 150 Millionen Jahren seine Nahrung aus dem seichten Meerwasser fischte.

Mörnsheim (EK) Wuchtiger als mit einem urzeitlichen Krokodil von den Ausmaßen eines modernen Kleinwagens kann man die Mörnsheimer Schichten kaum auf die Bühne der Geowissenschaften hieven: Eine neue geologische Schicht drängt ins Rampenlicht.

Nicht nur der mit großer Freude wieder entdeckte achte Archaeopteryx stammt wie bereits berichtet aus dieser Schicht, die erdgeschichtlich mit etwa 150 Millionen Jahren zwischen Oberem Jura und Unterer Kreide direkt über den berühmten Solnhofener Plattenkalken liegt. Auch zwei weitere Fossilien erregten auf den Münchner Mineralientagen großes Aufsehen. Und das ist genau im Sinne des frisch gegründeten Vereins der Freunde und Förderer des Projekts Mörnsheimer Schichten e.V., freut sich dessen Vorsitzender Uli Leonhardt. Der Verein, der eng mit dem Mühlheimer Besuchersteinbruch verbunden ist, hat sich die Erforschung dieser geologischen Schicht – und deren Präsentation in der Öffentlichkeit – auf die Fahnen geschrieben.

Bisher wurden die Mörnsheimer Schichten auf den Weg hinunter zu den Solnhofener Plattenkalken meist großflächig unbeachtet als Abraum zur Seite geschoben und zu Straßenschotter verschreddert. Eine systematische wissenschaftliche Bearbeitung erfuhren sie nicht.

Wissenschaftler freut sich

Das soll nun anders werden, betont Leonhard, denn die Mörnsheimer Schicht gelte als sehr reich an Fossilien. Auch der Paläontologe und Geologe Alexander Heyng vom Geo-Bio-Center der Ludwig-Maximilian-Universität in München freut sich auf immer neue Entdeckungen in Mühlheim: "Wir erwarten uns im Zuge unseres langfristigen Forschungsprojektes der Mörnsheimer Schichten nun erste Aufschlüsse über die Ökosysteme dieses Zeitabschnittes sowie die dort damals lebenden Tier- und Pflanzenarten." Das etwa 2,5 Meter lange versteinerte Hochseekrokodil, das erst im Juni diesen Jahres von Robert Pöschl im Mühlheimer Steinbruch gefunden worden war, war tatsächlich bei der Messe in München nicht zu übersehen.

Während der Laie allein von der Größe beeindruckt ist, freut sich der Fachmann über einige Besonderheiten, die vermuten lassen, dass das noch nicht vollständig erforschte Stück zur Gattung Geosaurus gehört und dort eventuell sogar eine neue Art darstellen könnte. Leonhard schwärmt davon, dass der "hervorragend dreidimensional erhaltene Schädel mit einer Länge von 50 Zentimetern beweist, dass es sich um eines der größten Krokodile, die im Oberen Jura je gefunden wurden, handelt." Das überlieferte Skelett umfasst ein großes Stück der Wirbelsäule, den Beckenbereich und etliche Rippen.

Den zweiten spektakulären Fund hatte Roland Pöschl bereits im Herbst 2008 im Mühlheimer Steinbruch entdeckt. Was das für ein herausragendes Stück ist, zeigte sich dann erst in der Präparation: Hier kam ein kompletter Schädel eines Flugsauriers der Gattung Ctenochasma zu Tage. "Das ist eines der seltensten Fossilien der Solnhofener Plattenkalke und der Mörnsheimer Schichten überhaupt!", schwärmt Leonhard. Bisher sei nur eine Handvoll Fragmente überliefert – nun habe man erstmals einen "hervorragend erhaltenen kompletten Schädel, der mit einer Länge von 27 Zentimetern den größten bisher gefundenen darstellt." Auch hier, so erklärt der Vereinsvorsitzende, zeigten erste Vermutungen, dass es sich "höchstwahrscheinlich um eine neue Art handelt".

"Bleibt in Bayern"

Jetzt, nach dem Ende der Münchner Mineralientage, verschwinden diese beide Exponate zusammen wieder im inzwischen schon recht stattlichen Fund-Depot des jungen Mörnsheimer Vereins. Besitzer der spektakulären Fossilienfunde ist die Firma Krautworst als Betreiber des Mühlheimer Besuchersteinbruchs.

Was mit den spektakulären Fossilien einmal geschehen soll und wo sie der Öffentlichkeit ansprechend präsentiert werden können? Das steht noch nicht fest. Immerhin verspricht Uli Leonhard: "Auf jeden Fall bleiben sie Bayern erhalten." Das würde natürlich auch den Mörnsheimer Bürgermeister Richard Mittl freuen. Und mehr noch: "Ich würde mir wünschen, dass diese und die weiteren Funde bei uns in einer örtlichen Sammlung ausgestellt werden." Mörnsheim selbst würde sich als Museumsstandort dafür gerne anbieten.