Ingolstadt
Unter laufendem Verkehr

Die Tunnelbaustellen am Hauptbahnhof und an der Ettinger Straße erfordern viel Koordinationsarbeit

15.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:18 Uhr

Unter Tage Richtung Hauptbahnhof: Ende des Jahres 2016 soll der Fußgängertunnel zwischen Ringsee und dem Bahnhof fertig sein. Seit einer Woche haben die Arbeiter den dritten von fünf Bauabschnitten in Angriff genommen - Fotos: Eberl

Ingolstadt (DK) Es rührt sich was im Ingolstädter Untergrund: Der Durchstich unter der Ettinger Straße ist mittlerweile erfolgt, in Ringsee graben sich die Arbeiter seit einem Jahr Richtung Hauptbahnhof durch. Um Zug- und Autoverkehr nicht über Gebühr zu belasten, ist dabei eine Menge Koordinationsarbeit gefragt.

Es ist Licht am Ende des Tunnels. An der Kreuzung der Ettinger Straße mit der Richard-Wagner- und Hindenburgstraße haben die Baumaschinen am Montag die letzte trennenden Erdwand in der künftigen Unterführung beseitigt. Jetzt beginnen die Betonarbeiten an der Wanne, durch die ab Herbst der Verkehr störungsfrei unter der Ettinger Straße hindurchfließen soll. Fünf Millionen lässt sich die Stadt diesen Umbau kosten. Eventuell wäre es günstiger gegangen, aber den Planern war es wichtig, den Verkehr auf der stark befahrenen Kreuzung – an Werktagen sind es bis zu 45 000 Fahrzeuge – möglichst wenig zu belasten, erklärt Bauleiter Josef Goldbrunner. Man habe sich deswegen für eine Deckelbauweise entschieden. Dabei wurden zunächst die östlichen beiden Spuren der Ettinger Straße gesperrt, der Verkehr über die westliche Hälfte der Verbindung abgewickelt. Derweil wurde die Fahrbahn im Osten abgetragen, Stützpfeiler im Erdreich versenkt und darüber ein Betondeckel gelegt. Dann wurde der Verkehr über die neue Plattform geleitet und das Prozedere auf der Westseite wiederholt. So wurde vermieden, die wichtige Verbindung vollständig sperren zu müssen. „Wenn die Asphaltierarbeiten beginnen, werden wir aber wohl nicht um eine kurze Vollsperrung herumkommen“, fürchtet Goldbrunner.

So weit ist es aber noch nicht. Zunächst wurde jetzt das Erdreich aus der Unterführung gegraben. Dann folgen die Betonarbeiten in der Wanne, eine Pumpe für das Regenwasser wird ebenfalls noch installiert. Anschließend werden Stahlstege für Fußgänger und Radfahrer montiert.

Auch am Hauptbahnhof geht es voran. Seit genau einem Jahr wird hier von der Ringseeer Seite in Richtung des Hauptbahnhofs gegraben. Nach 125 Metern werden die Arbeiter auf den Fußgängertunnel des Bahnhofs treffen. Ende 2016 wird dann der Tunnel zwischen der Martin-Hemm-Straße und dem Hauptbahnhof fertig sein. So zumindest lautet der Zeitplan. Bislang wird er gut eingehalten. „Wir sind sogar ein bisschen vor dem Plan“, sagt Ralf Andresen von der IFG. Allerdings müsse man bei so einem Projekt stets mit Überraschungen rechnen. So sind die Arbeiter etwa an einer Stelle unverhofft auf ein Wasserrohr gestoßen, das verlegt werden musste. Woanders hat eine Sonde metallene Gegenstände im Erdreich aufgespürt, die sich am Ende aber doch nicht als Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern als Metallschrott entpuppt haben. Später sind noch Fundamente ehemaliger Bahnanlagen aufgetaucht. Trotz aller Unwägbarkeiten haben vor rund einer Woche die Arbeiten am dritten von insgesamt fünf Bauabschnitten begonnen.

Bei der Untertunnelung der Geleise gilt es ebenfalls, so wenig Verkehrsstörung wie möglich zu verursachen. Allerdings müssen die Schienenstränge, unter denen gegraben wird, kurzeitig unterbrochen werden, um eine Hilfsbrücke einzubauen. In dieser Phase wird auf der Baustelle rund um die Uhr gearbeitet. Erst wenn die Züge wieder ungehindert rollen, geht es im normalen Schichtbetrieb weiter, erklärt Andresen. Auch auf der Bahnhofsbaustelle folgen die Arbeiten einem ausgeklügelten Plan. Kleinere Bagger schaffen zu Beginn jeden Bauabschnitts den Aushub vor den Tunneleingang auf Ringseeer Seite. Von dort bringen ihn Lkw auf ein vom ESV angemietetes Grundstück, wo das Material auf etwaige Belastungen untersucht und dann abtransportiert wird. Im Erdtunnel wird dann die rund 600 Kilogramm schwere, zehn Meter breite und 25 Meter lange Deckenplatte aus Beton und Stahl gegossen und mit hydraulischen Stützen angehoben. Erst dann entstehen die Stützwände. Bis die Betonteile ausgehärtet sind – das dauert bis zu zwei Wochen – wird vor dem Tunnel an den so genannten Austrittsbauwerken weitergearbeitet, bevor es wieder in den Tunnel geht und der nächste Abschnitt in Angriff genommen wird. „Ein koordinatorisches und logistisches Riesenprojekt, das es in Ingolstadt so noch nicht gegeben hat“, sagt Andresen. Allerdings haben die Ingolstädter offensichtlich ein Talent zum Tunnelbauen. Angesicht der aktuellen Verkehrsdiskussionen ist das nicht schlecht zu wissen.