Neuburg
Der Stratege

Das Neuburger Volkstheater zeigt im Rahmen der Landesausstellung ein Stück über Napoleon und Schach: "Europa – Matt in fünf Zügen"

15.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:18 Uhr

Ein Stück über den Aufstieg Napoleons zum Kaiser der Franzosen und seinen tiefen Sturz: „Europa – Matt in fünf Zügen“ haben Florian Schmidt (unten, rechts) und Norbert Heine (unten, links) ihr Stück genannt. Franz Märtl und Werner Rom (oben) proben die Schachpartien - Fotos: Heine/Volkstheater/Chloupek

Neuburg/Ingolstadt (DK) Zuerst gab es das Bild: Europa als Schachfeld, über das eine einzelne Zinnfigur schreitet. Dieses Bild spukte in Norbert Heines Kopf herum – und war Ausgangspunkt für allerlei interessante Begegnungen, die letztlich zu dem Theaterprojekt „Europa – Matt in fünf Zügen“ führte. Ein Projekt im Rahmen der Landesausstellung „Napoleon und Bayern“, die bis zum 31. Oktober im Armeemuseum gezeigt wird und von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet wird.

Aber der Reihe nach: Die Idee zu einem Stück, das Napoleon mit Schach in Verbindung bringen sollte, kam aus dem Schachförderverein Ingolstadt. Im Kulturamt stieß sie auf Wohlgefallen und den Auftrag bekam das Neuburger Volkstheater – und Regisseur Norbert Heine. „Es gibt wohl drei überlieferte Partien, die Napoleon gespielt haben soll, aber darum ging es mir nicht. Schach ist ein Strategiespiel und Napoleon ein großer Stratege“, erklärt Heine. Bilder und Ideen hatte er viele. Und sogar der Stücktitel war sofort da. Das Problem war der Zeitdruck. „Wenn das Neuburger Volkstheater eine neue Produktion ansetzt, gibt es ein bis eineinhalb Jahre Vorlaufzeit, hier hatte ich gerade mal ein knappes halbes Jahr Zeit.“

Also: Heine war auf der Suche nach der Zinnfigur für sein Plakat und wurde an Wilhelm Eisenhart verwiesen. Man kam ins Gespräch. Über Geschichte. Über Theater. Und weil Eisenhart bei den Schlossleutnant-Krach-Spielen in Eichstätt die Hauptrolle gespielt hatte, fiel bald auch der Name des Autors Florian Schmidt.

„Als ich vor elf Jahren den Auftrag bekommen habe, die Krach-Spiele zu konzipieren, habe ich mich natürlich mit dieser Zeit beschäftigt – im Grunde mit der vornapoleonischen Zeit“, erklärt Schmidt. „Die Festspiele spielen 1796, das ist genau das Jahr, in dem Napoleon mit dem Italien-Feldzug seine Karriere begonnen hat. Ich habe mich eigentlich nur bis 1796 ausgekannt“, sagt er und lacht. Schmidt und Heine trafen sich – und entwickelten das Stück über Napoleon gemeinsam.

Es gibt zwei Erzählstränge: Die jeweils ersten Szenen sind einem kleinen Jungen und einem alten Mann vorbehalten, die sich in der Kunst des Schachspiels üben. Der junge Napoleon war einst auf der Kadettenschule von Brienne als einziger Korse ein Außenseiter. Deshalb haben ihm Heine und Schmidt einen Abbe zur Seite gestellt, der ihn auch ein wenig in die Kunst des Lebens einweist.

Daran schließen sich Bilder an, in denen sich Zeitgenossen Napoleons wie Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, „Times“-Gründer John Walter oder Paul de Barras, dessen Geliebte Joséphine de Beauharnais die spätere Frau Napoleons wurde, über ihn und seine jüngsten militärischen und politischen Volten unterhalten. Daneben gibt es zwei Grenadiere, die dreimal auftauchen und für die Masse der Soldaten stehen. Zeitlich beginnt das Stück im Jahr 1796 und endet 1815 mit Waterloo, der letzten Schlacht Napoleon Bonapartes.

Angesetzt sind sechs Termine im Rahmen der Landesausstellung, gespielt wird in der Halle neun. Zehn Meter ist dort die Bühne breit. Und auf der rechten Seite wird sich ein Zelt befinden. „Dieses Zelt ist aus Erbstüll. Der Stoff hat die Eigenschaft, dass er durchsichtig wird, wenn man dahinter Licht macht. Wenn man es ausmacht, wirkt er blickdicht“, erklärt Heine. In diesem Zelt wird auf einem Tisch ein Schachbrett sein, über das sich der alte Mann und sein Zögling beugen. Den jungen Napoleon spielt Fanz Märtl, der Abbe wird durch den bekannten bayerischen Volksschauspieler Werner Rom („Dahoam is Dahoam“) verkörpert. Eine Oberkopfkamera filmt das Spiel von oben und überträgt es auf die Leinwand.

Die Partien und Züge, die hier zu sehen sind, sind aus zum Teil bekannten Schachpartien – etwa „Radjabovs Damenopfer“ aus der Partie des aserbaidschanischen Schachmeisters gegen Viswanathan Anand oder Napoleon gegen den Schachtürken – und beziehen sich auf den Inhalt. Kenner der Schachszene haben hier also doppeltes Vergnügen. Diese Verbindung herzustellen und die jeweils passenden Partien zu finden (die natürlich genauso einstudiert werden müssen wie der Text), war laut Heine die größte Herausforderung. Aber da im Juni die ersten Ingolstädter Schachtage stattfinden, werden sicher auch einige Teilnehmer die Gelegenheit zum Theaterbesuch nutzen.

Premiere ist am 31. Mai um 19 Uhr in der Halle neun. Weitere Termine: 4./5./21. Juni, 1./2. August.