Ingolstadt
"Uns erreichen massive Hilferufe"

03.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:13 Uhr

Einer der Initiatoren: Hubert Wermuth leitet die Arbeitsgemeinschaft der Ingolstädter Elternbeiräte an Gymnasien. - Foto: Hammerl

Ingolstadt (ahl) Einer der Initiatoren der Demonstration am Samstag ist der Ingolstädter Ingenieur Hubert Wermuth.

Der 52-Jährige engagiert sich seit Jahren als Elternbeirat am Katharinen-Gymnasium und ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Elternbeiräte in der Region.

Unsere Mitarbeiterin Andrea Hammerl hat sich mit ihm über die Beweggründe, Forderungen und Ziele der Eltern unterhalten, die in Ingolstadt auf die Straße gehen werden.

Worum geht es Ihnen bei der Kundgebung?

Hubert Wermuth: Es ist an der Zeit. Schüler, Lehrer und Eltern erwarten definitiv Lösungen von Bayerns Kultusminister Spaenle und seinen Mitarbeitern – für die neue Oberstufe Q11, aber auch für alle folgenden Jahrgänge am G8 – und nicht zu vergessen genauso für das auslaufende G9.

Für welche Probleme?

Wermuth: Es geht uns vor allem um die zeitliche Überlastung der Schüler, aber auch um erhöhte Prüfungsanforderungen. Es kann nicht sein, dass Schüler mehr Zeit investieren müssen als Erwachsene mit Vollzeitjob – und dann trotz allem auf keinen grünen Zweig kommen, weil sie mit einer Lernstofffülle überfrachtet werden, die zum großen Teil als über dem Leistungskursniveau des G9 liegend empfunden wird. Die Prüfungsanforderungen müssen sich an dem orientieren, was den Schülern tatsächlich vermittelt werden kann – und ihnen vermittelt wurde.

Ist nicht speziell diese Forderung nach der Orientierung hin zum Grundkursniveau bereits erfüllt?

Wermuth: In der Tat gibt es ein Rundschreiben des Kultusministeriums an die Schulen, worin festgelegt ist, dass das Leistungskursniveau weg muss. Nur: Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Wir wollen die praktische Umsetzung, und zwar sofort, und werden erst Ruhe geben, wenn die Schüler merken, dass die Anweisungen angekommen sind. Es ist ohnehin für die Q11 schon reichlich spät, wenn nicht zu spät. Denn die Noten des Halbjahreszeugnisses gehen alle in die Abiturnote mit ein.

Sind die Noten denn wirklich schlechter als früher?

Wermuth: Das lässt der Kultusminister gerade überprüfen. Verlässliche Zahlen gibt es nicht, aber was bei uns und auch in München bei der LEV gemeldet wurde, lässt auf dramatische Einbrüche schließen. Es ist die Rede von zwei ganzen Noten, um die gute Schüler heruntergerutscht sein sollen.

Wie repräsentativ sind denn die Aussagen von Überlastung und schlechten Noten?

Wermuth: Wir haben immerhin bis zu 70 Prozent Rücklauf von unserer Umfrage, das ist enorm. Wenn sich 70 Prozent der Eltern von 16- bis 17- Jährigen die Zeit nehmen, einen Fragebogen auszufüllen, so zeigt uns das, wie groß Not und Druck sind.

Warum gehen Sie in Ingolstadt und nicht gleich in der Landeshauptstadt München auf die Straße?

Wermuth: Das Problem besteht bayernweit, das lässt sich nicht an einem Ort festmachen. Aber wir hier in der Region 10 sitzen im Mittelpunkt Bayerns und hoffen auf Teilnehmer aus ganz Bayern. Auf die Straße gehen wir, weil uns massive Hilferufe der Eltern erreicht haben, und alle Gespräche bislang nichts nützten.

Das heißt, Sie wollen nicht mehr reden?

Wermuth: Das heißt es nicht. Wir sind weiter gesprächsbereit, aber wir wollen endlich auch Ergebnisse sehen. Vor 20 Jahren sind Menschen auf die Straße gegangen, um eine Mauer einzureißen – und das war sicher zunächst weniger aussichtsreich als es unser Anliegen ist. Schließlich leben wir hier in einem demokratischen System.