Schrobenhausen
Ungewöhnlicher Geburtstag

Evangelische Christuskirche feiert drei Tage lang ihre Einweihung vor achtzigeinhalb Jahren

22.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:31 Uhr

Einzug zum Festgottesdienst: Pfarrer Gerhard Rupprecht (r.) begleitete Regionalbischof Hans-Martin Weiss (2.v.r.) in die Christuskirche. - Foto: Wöhrle

Schrobenhausen (SZ) Bunt und ausgiebig feierte die evangelische Kirchengemeinde am Wochenende einen ausgefallenen Geburtstag. Die Christuskirche ist achtzigeinhalb Jahre alt. Als sichtbares Zeichen nach außen wird die Kirche für 80 und eine halbe Nacht in einem anderen Licht erstrahlen.

Der ungewöhnliche Geburtstag ließ manche Gäste schmunzeln, andere hatte er zum Rätseln gebracht. „Ist das Geburtstagskind verrückt“, fragte sich die Dekan Thomas Schwarz. Besonders, weil die Christusgemeinde für ihre innovativ-verrückten Projekte bekannt ist. Als viel wahrscheinlicher hielt der Dekan, dass das Geburtstagskind einfach Lust am Feiern hatte. „Damit nicht jeder Tag Alltag ist, gehört das Feiern dazu“, fand Schwarz. Es sei ein Anlass, über seine Wurzeln nachzudenken. Als Beispiele nannte der Dekan die wichtige, zukunftsfähige Kirchensanierung, die die Gemeinde hinter sich gebracht hatte, und das neue Pfarrhaus.

Landrat Roland Weigert hatte sich im Internet über den 23. September 1934, den Tag, an dem die Christuskirche geweiht worden war, schlaugemacht. Es war der Tag, an dem Ludwig Müller im Berliner Dom offiziell in das Amt des Deutschen Reichsbischofs eingeführt worden war. Das Ziel war eine Gleichschaltung von Kirche und Staat im Dritten Reich.

Viele Chancen sah der katholische Stadtpfarrer Josef Beyrer für die 80 Jahre junge Kirche. Er erinnerte daran, wie streng getrennt früher die Konfessionen gewesen waren. „Noch vor 50 Jahren war es sogar verboten, nur einen Blick durchs Schlüsselloch in die evangelische Kirche zu werfen.“ Heute sei der Wandel in der Gesellschaft eine Herausforderung für die Kirche. Aussagen, dass in der Ökumene nichts vorangehe, kann Beyrer nicht zustimmen. Aber: „Man muss einen gewissen langen Atem haben.“ Mit seinem evangelischen Kollegen, Pfarrer Gerhard Rupprecht, klappt die ökumenische Zusammenarbeit offensichtlich gut. Die beiden haben in der kommenden Woche schon wieder gemeinsame Termine.

Mit einem Anteil von neun Prozent an der Bevölkerung der Stadt ist die evangelische Gemeinde in Schrobenhausen vergleichsweise klein. „Aber sie ist groß in ihren Aktivitäten“, sagte Bürgermeister Karlheinz Stephan. Die Christusgemeinde veranstaltet unter anderem Basare, Konzerte und bietet Gesprächskreise an. Angebote, die auch über die Gemeindegrenze hinaus angenommen werden. „Die sozialen Aktivitäten sind für unseren Ort schlicht unverzichtbar.“ Kommune und Gemeinde arbeiten in einer Reihe von Projekten zusammen. „Aktuell stellen wir uns gemeinsam auf die Zuweisung von Asylbewerbern durch das Landratsamt ein. Bis Mitte 2015 rechnet Stephan mit den Einquartierungen.

Das Jubiläum der Christuskirche feierte die Gemeinde am Samstag mit einem bunten Fest. Im Garten war eine Ausstellung zu sehen, zu der alle Gruppen der Gemeinde, zum Beispiel die Minis, der Frauentreff oder die Nähgruppe ein Ausstellungsstück beigesteuert haben. Die Sammlung soll die Vielfalt der Gemeinde demonstrieren. In der Kirche bauten große und kleine Baumeister aus vielen Bauklötzen Häuser, in dem Gott und die Menschen sich wohlfühlen. Die Gäste der Geburtstagsfeier erlebten eine Zaubershow und konnten bunte Luftballons aufsteigen lassen.

Beim Festgottesdienst am Sonntag, der von Kinderchor mit einem Geburtstagslied und vom Singkreis mit Gospels umrahmt wurde, war Regionalbischof Hans-Martin Weiss zu Gast. In seiner Festpredigt erinnerte er daran, das Ende des 19. Jahrhunderts in Schrobenhausen ein evangelisches Gemeindeleben entstand. „Noch mehr verstärkt wurde es dann im und nach dem Zweiten Weltkrieg – wie überall in Bayern – durch ausgebombte Großstädter, durch Flüchtlinge und durch Heimatvertriebene, bevor dann ab den 60er und 70er Jahren erneut Wirtschaftsaufschwünge Menschen aus ganz Deutschland nach Bayern zogen“, sagte Weiss. Mittlerweile präge die evangelische Kirche seit 80 Jahren das Stadtbild Schrobenhausens.

Ach ja, der Grund, warum die Christuskirche so einen ungewöhnlichen Geburtstag feiert: Im Jubiläumsjahr 2014 hatte es die Gemeinde einfach nicht geschafft. Der neue Pfarrer Rupprecht hatte erst im Juli seinen Dienst angetreten. Um die Zeit ohne Pfarrer stemmen zu können, hatten Kirchenvorstand und Mitarbeiter alle Hände voll zu tun gehabt. Also war die Feier auf dieses Jahr verschoben worden. Für die nächste Feier der Christusgemeinde hat Landrat Weigert zugesagt, ein Wildschwein zu spendieren, der Bürgermeister steuert die Getränke bei und das Dekanat einen Zuschuss von 300 Euro.