Ingolstadt
Unbeliebt, aber unverzichtbar

26.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:13 Uhr

Weiterbildung tut Not: Darin waren sich die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion mit dem ehemaligen CSU-Chef Erwin Huber (zweiter von links) in Ingolstadt einig. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Susannes Rohrer Einstiegssatz bei der Podiumsdiskussion sollte verniedlichen, dem Thema die Schwere nehmen. "A bisserl was liegt im Argen bei der Weiterbildung", sagte die BR-Moderatorin.

Doch was dann kam, ist – volkswirtschaftlich gesehen – alarmierend: Nur 20 Prozent der Beschäftigten in Bayern nehmen an Weiterbildungsmaßnahmen teil. Wirtschaftskrise hin oder her, Kurzarbeit ja oder nein.

"Das ist zu wenig. Wer stehen bleibt, fällt zurück", konstatierte Erwin Huber, der bayerische Finanzminister a. D. Er war für Arbeitsministerin Christine Haderthauer (beide CSU) eingesprungen und nahm an der Podiumsdiskussion der "Bayerischen Weiterbildungstage 2010" teil, die gestern Abend in Ingolstadt ihren Auftakt nahmen.

Unterstützung erhielt Huber dieses Mal von Gewerkschaftsseite. "Weiterbildung muss jedem offen stehen, nicht nur wenigen", sagte Christiane Berger, die stellvertretende bayerische DGB-Vorsitzende. Sie forderte ein Weiterbildungsgesetz für Bayern, wie es bereits in anderen Bundesländern realisiert ist. In diesem Fall wären Beschäftigte für die Zeit der Fortbildung von der Arbeit frei gestellt und erhielten Lohnausgleich.

Doch soweit wollte Huber auf keinen Fall gehen. Ein solches Gesetz werde es "in den nächsten Jahrzehnten für Bayern nicht geben", erklärte der frühere Minister. Die Ursache für das fehlende Interesse sah Huber beim Arbeitnehmer selbst. "Ohne Motivation geht gar nichts", meinte er und verlangte von den Beschäftigten, dafür auch Urlaubstage zu opfern.

Anreize dafür gibt es laut Huber genug: Beruflicher Aufstieg, aber auch die Sicherung des Arbeitsplatzes stellte er heraus. "Mit Erschrecken" habe er außerdem festgestellt, dass Arbeitnehmer im Alter von über 40 Jahren meist keine Fortbildungen mehr besuchten. "Die müssen aber vielleicht bis 67 arbeiten", sagte er.

Ein ganz so schwarzes Bild zeichneten weder die Vertreter der Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer (IHK) noch der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. "Die innerbetriebliche Fortbildung funktioniert gut", sagte Stephanie Spinner-König von der IHK. Die Kurse bei den zuständigen Bildungswerken der Kammern seien voll. Die Maßnahmen seien auf die Bedürfnisse der Betriebe und Unternehmen abgestimmt.

Dennoch weisen internationale Studien für Deutschland immer noch eine niedrige Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen aus. Nur dort, wo die Bundesagentur für Arbeit (BA) ein Sonderprogramm startete, war die Bereitschaft zur Fortbildung hoch, erklärte BA-Mitarbeiter Klaus Beier. Bis zu 70 Prozent finanzierte die Agentur beim Lohnausgleich mit und übernahm die Kosten der Weiterbildung für ältere Arbeitnehmer und geringer Qualifizierte. Gespeist wurde dies aus Mitteln der Versichertengemeinschaft. "Wir lassen das Kind nicht mehr in den Brunnen fallen, sondern legen ein Netz drüber", sagte Beier.

In Zukunft wird von den Beschäftigten mehr Eigeninitiative verlangt werden, das wurde klar. Das könne bis zur Beteiligung an den Kosten reichen, erklärte Yvonne Siegel, die Vertreterin des Verbandes der Wirtschaft. Ob das die Motivation steigert? Wie sehr die Weiterbildung im Argen liegt, konnte man auch an den spärlich besetzten Stühlen im Audi Forum erkennen.